"Die Landkarte von Erics Leben enthielt nur drei Orte. Possendorf, die Kleinstadt Freital, wo er zur Schule ging, und Hänichen. In Hänichen entstand gerade das Familiennest, das Haus der sieben Schwestern."
"Die Kugellager für die Skaterrollen hatte Oma geschenkt, damit wurden die Boards schneller. Wer am längsten über das Geländer rutschte, war der Hero. Es ging viel ums Kiffen, das war Teil des Aufnahmerituals. Um in einer Gang mitspielen zu können, brauchte es einen Status. Eine Stunde rumsitzen, einen Joint rauchen, paar Moves und weiter die Zeit totschlagen."
"Kein Wochenende durfte ausgelassen werden, von den Partys zu den Theaterproben, dann nach Hause, mit vierzehn Jahren. Ein kleiner Spaziergang nur, Club, Jugendbühne, Haus der sieben Schwestern."
"Er erschien irgendwann, aß, schlief, brauchte Geld und verschwand wieder. Klar, dass es ihren Sohn in die Großstadt zog. Das sah sie nicht als Mutter, sondern als Pädagogin. Mein Junge ist klug, der weiß, was er tut. ›Wenn du deine Pflichten erledigst, darfst du tun, was du willst.‹ Schule, gute Noten, bisschen Rasenmähen. Deal."
"Mit schwitzenden Händen öffnet Eric das Papier, muss die Luft anhalten, so zart wirken die kostbar schimmernden Splitter. Chrystalle, Christalle. Christin."
"Du wirst hochgradig unkommunikativ, jede Frage ist eine Unterstellung oder ein Angriff, bist im Zustand permanenter Verteidigung. Du suchst nach Geheimnissen und Fehlern, überall, bei den Freunden, deiner Familie, den Nachbarn. Selbst ein schiefgewachsener Baum vor dem Fenster wir dazu einem Zeichen oder Symbol, muss ja einen Grund haben, dass er sich so verneigt."
(Auszüge aus 9 Tage wach von Eric Stehfest und Michael J. Stephan)