Gilets jaunes – „Gelbwestenbewegung“
Ein Kommentar von Édouard Louis
Mir fällt es schwer, den Schock zu beschreiben, den ich beim Anblick der ersten Bilder der gilets jaunes verspürte. Die Körper, die ich da sah, erinnerten mich an den Körper meines Vaters, meiner Bruders, meiner Tante... Menschen mit von Elend und Armut ruinierter Gesundheit, die immer wieder, an jedem Tag meiner Kindheit sagten: Wir zählen nicht; niemand spricht über uns...
Leidende Körper, zerstört von der Arbeit, der Erschöpfung, dem Hunger, der ständigen Demütigung durch das Verhältnis der Herrschenden zu den Beherrschten. Zerstört auch durch soziale und räumliche Ausgrenzung...
In der politischen und medialen Sphäre wollen uns viele glauben machen, Gewalt seien nicht die Tausende von der Politik zerstörten und ins Elend gestoßenen Existenzen, sondern ein paar brennende Autos. Nur wer Armut nie kennen gelernt hat, kann denken, dass ein Graffiti auf einem historischen Gebäude schlimmer ist als die Unmöglichkeit, sich selbst zu versorgen und seine Familie ernähren zu können...
Die Bewegung... verkörpert etwas Gerechtes, Dringendes, Radikales.
Revolutionäre Tradition
„Die soziale Ungleichheit hat in Frankreich unstrittig zugenommen. Gerade auf dem Land fühlen sich viele von der Regierung im Stich gelassen. Und dann kamen die Benzinpreiserhöhungen. Viele auf dem Land dachten: Die arroganten Leute in Paris können sich gar nicht vorstellen, wie uns das trifft. Tatsächlich muss die Landbevölkerung, oft weitere Strecken mit dem Auto zur Arbeit zurücklegen. Frankreich ist flächenmäßig ein großes Land. Klar ist allerdings: Die Ursachen für die Proteste sind vielfältig.“ bpb.de
Die Richtung beibehalten
„Macron wird es schwer haben, die Gelbwesten einfach auszusitzen, weil sie so anders sind als er und seine Parlamentarier. Nicht einmal Sprecherinnen oder Sprecher akzeptieren die Demonstrierenden, weil sie keine Hierarchien wollen. Für eine Regierung, die sonst mit den Chefs von Gewerkschaften oder Bauernverbänden verhandelt, ist es ungeheuer schwierig, die Stimmung einer diffusen Gruppe zu drehen.“ zeit.de
Immer noch da
„Die Protestbewegung Gilets jaunes in Frankreich mag von den Medien seit Wochen für tot und beerdigt erklärt werden. Doch die 450 Delegierten, die am Wochenende für ein landesweites Treffen nach Montpellier gekommen sind, trugen immer noch ihre gelben Warnwesten – das Emblem des Protests.“ taz.de