Am Neujahrstag 2020 wird mit der Premiere von Fidelio, der einzigen Oper, die Ludwig van Beethoven komponiert hat, der Beginn des Jahres 2020 im Opernhaus Bonn gefeiert.
Beethoven war der erste wirklich politische Komponist der Musikgeschichte, wofür sein Fidelio das eindringlichste Beispiel ist. Fidelio handelt von einem Mann, der die Wahrheit über die undemokratischen Verhältnisse in seinem Land sagt und deshalb im Gefängnis verschwindet. Im Zentrum der Oper steht seine Frau Leonore, die alles dafür tut, ihren Mann zu befreien. Durch ihren Mut gelingt dieser Frau nicht nur die Befreiung ihres geliebten Mannes, sondern auch die Absetzung des Gewaltherrschers.
In Fidelio macht Beethoven ein musikalisch-politisches Experiment. Seine Ausgangsfrage lautet: Was muss man tun, um das schier Unmögliche zu erreichen? Seine Antwort lautet: Man muss sein Leben riskieren und bereit sein, eine ungeheure Zerreißprobe auszuhalten. Leonore alias Fidelio gelingt dies und kann ihren Mann befreien, was einen gesellschaftlichen Umsturz auslöst: persönliches und politisches Engagement unter Lebensgefahr mit dem festen Glauben, dass es gut ausgeht, zeichnet diesen Fidelio aus. So ist Hoffnung das Hauptmotiv in jeder Szene und Beethovens Musik eine Inspiration für gesellschaftliche Veränderung und die Verwirklichung von Utopien.
Das Theater Bonn und das Inszenierungsteam um Regisseur Volker Lösch gehen anlässlich des 250. Geburtstages des Komponisten mit Beethoven über Beethoven hinaus, indem sie Fidelio mit aktuellen Geschichten von politischen Gefangenen in der Türkei und deren Angehörigen aufladen. Die modellhafte Welt von Fidelio ist ein einziges, großes Gefängnis. Die Türkei ist in der Realität das aktuelle, europäische Beispiel für einen Staat, in dem Regimegegner verhaftet werden und durch eine Willkürjustiz im Gefängnis verschwinden. Mit der Inszenierung von Fidelio wird sich daher konkret für die Freilassung von Ahmet Altan, Hozan Canê, Gönül Örs, Soydan Akay und Selahattin Demirtaş eingesetzt. Als Zeitzeugen treten u.a. Dogan Akhanli, der drei Mal in türkischen Gefängnissen war und in diesem Jahr mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet wurde, sowie Süleyman Demirtaş auf, dessen Bruder Selahattin als wichtigster politischer Herausforderer des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan gilt und wegen angeblicher Terrorunterstützung seit mehr als drei Jahren im Hochsicherheitstrakt in Edirne unrechtmäßig, so 2018 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt, inhaftiert ist. Beethoven vertraut auf das Unzerstörbare an Menschlichkeit, das jedem Menschen inne ist und das er durch Leonore ausrücken läßt: „Wer du auch seist, ich will dich retten.“
In Zusammenarbeit mit BTHVN2020 und PANDION