Das Bild könnte harmonischer kaum sein: Vater, Mutter, Kind in glücklicher Umarmung, beschienen vom goldenen Licht der untergehenden Sonne. Es ist ein Augenblick der Wonne und des Optimismus, Aufbruchstimmung und Angekommensein in einem, die Inkarnation des perfekten Glücks. Nur eines ist es nicht: ein Happy End. Denn die Umarmung steht nicht am Schluss des Films, sondern am Anfang. Sie ist Teil jener Exposition, die die Anfänge der Familie Levov kunstvoll skizziert, und fungiert als Bild gewordenes „Amerikanisches Idyll“: ein Höhepunkt, von dem aus es nur noch abwärts gehen kann.
Es ist die Nachkriegszeit, und alles läuft großartig für die Levovs. Papa Seymour (Ewan McGregor), einst Sportskanone, heute erfolgreicher Handschuhfabrikant, wird wegen seiner stattlichen Erscheinung nur „der Schwede“ genannt. Als Vater ist er zärtlich, als Unternehmer fair, als Ehemann hingebungsvoll. Mama Dawn (Jennifer Connelly) managt die Farm am Rand des (fiktiven) Städtchens Old Rimrock. Und Töchterchen Merry (Ocean James) ist ein entzückender blonder Engel, dem es an nichts fehlt. Oder vielleicht doch? Von Kindesbeinen an stottert das Kind, scheint sich irgendwie abgrenzen zu wollen von der vermeintlichen Perfektion seiner Eltern. Und mit den Jahren wird daraus eine handfeste Rebellion. Als Teenager in den sechziger Jahren ist Merry (Dakota Fanning) eine störrische, wütende junge Frau, die kein gutes Haar am bürgerlichen Establishment lässt.
Ein großes amerikanisches Panorama breitet AMERIKANISCHES IDYLL aus, die tragische Geschichte vom Verlust der Unschuld einer ganzen Nation, deren Schicksal sich im Zerfall der Familie Levov spiegelt. Am Anfang steht die Euphorie der Nachkriegsjahre, ein kollektiver Glückszustand, der im Lauf der sechziger Jahre von Rassenunruhen, Studentenkrawallen und Protesten gegen den Vietnamkrieg beendet wird. Was bleibt, sind Paranoia, Zersplitterung und ein handfester Konflikt der Generationen.
Ein anspruchsvoller Stoff, den sich Schauspieler Ewan McGregor für sein Regiedebüt ausgesucht hat – und dem er auf erstaunlich gelassene, unprätentiöse Weise gerecht wird. Philip Roth selbst zollt dem Regisseur größten Respekt. „Roth gratulierte uns dazu, dass wir den Kerngedanken des Buchs auf die Leinwand transportieren konnten“, erzählt McGregor. „Er freute sich, dass wir dem Stoff treu geblieben sind.“