Archäologie

Einblicke Regisseurin Carine Tardieu spricht im Interview über die Entstehung ihres Filmes und das Graben in der Vergangenheit, welches immer das Risiko birgt, explosive Geheimnisse ans Licht zu bringen
Foto: Arsenal Filmverleih
Foto: Arsenal Filmverleih

Interview mit Carine Tardieu

Wie kamen Sie auf die Idee zu diesem Film?

Ich wurde dazu durch die Geschichte eines Freundes inspiriert: Beim Tod seiner Mutter fand dieser etwa 50-jährige Bretone heraus, dass sein Vater nicht sein Vater war. Er versuchte, mit dieser Neuigkeit klarzukommen, und engagierte einen Detektiv, der nach einigen Monaten der Suche seinen biologischen Vater fand, einen alten Mann, der auch in der Bretagne wohnte. Vater und Sohn waren sich auf Anhieb sympathisch und knüpften eine sehr starke Beziehung, ohne das Wissen des ersten Vaters. Heute, nach diversen Wendungen in ihrem Beziehungsgeflecht, hat mein Freund nunmehr zwei Väter. Ich fand diese Geschichte so umwerfend, dass ihn um seine Zustimmung für die Geschichte für diesen Film bat.

Bisher handelten Ihre Filme ausschließlich von Mütter-Töchter-Beziehungen ...

... und es war an der Zeit für mich, zu den Vätern zu kommen. Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich aus diesem Thema rauskäme. Die Geschichte meines Freundes enthielt alle Fragen, die mich umtrieben.

Sprechen wir übers Drehbuch, das Sie mit Michel Leclerc und Raphaële Moussafir, den Koautoren von „La Tête de Maman“ und „Du vent dans mes mollets“, geschrieben haben.

Michel arbeitete selbst gerade über das Vater-Sohn Thema (er adaptierte „Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim“ von Jonathan Coe). Er war sofort sehr begeistert davon, wieder mit mir zusammenzuarbeiten. Die Geschichte meines Freundes war voller Spannung, Gefühle und Humor. Wir mussten uns davon lösen, um sie noch besser neu zu erfinden, mussten alle möglichen Problematiken unseres Helden eruieren. So entstehen die Figuren, die ihn umgeben und mit ihm verbunden sind, ihn neugierig werden lassen und die alle, so oder so, auf die Fragen der Vaterschaft oder noch allgemeiner der Elternschaft verweisen. Bereits zum zweiten Mal war es an Raphaële Moussafir, dem Films chon beim Schreiben eine klare Linie zu geben, insbesondere, indem sie die Überfülle der Parallelgeschichten verringerte und die Persönlichkeit aller Figuren verfeinerte. Ihr Einsatz hat einen guten Teil unserer Arbeit infrage gestellt, der Schreibprozess war mitunter sehr komplex und schmerzhaft ... Aber ich bedauere diese monatelange Arbeit nicht.

Warum entschlossen Sie sich, der Figur Erwan, die von François Damiens gespielt wird, den Beruf des Minenentschärfers zu geben?

Schon zu Beginn des Schreibens hatte ich ein Bild im Kopf: das eines Mannes, der tief in der Erde gräbt, etwas ausgräbt und damit endet, eine Bombe explodieren zu lassen. Ich wollte dieser Idee damit ein Symbol verleihen, dass das Graben in der Vergangenheit, das zu den Anfängen zurückgehen, das Risiko birgt, explosive Geheimnisse ans Licht zu bringen. Außerdem hat mich diese besondere Art von Claude Sautet gezeichnet, ein Filmemacher, den ich grenzenlos bewundere, die Menschen bei der Arbeit zu filmen. Ich hatte besonders die Szenen auf der Baustelle bei „César und Rosalie“ im Kopf, mit Yves Montand als Schrotthändler. Ich liebte die Energie, die sie ausstrahlen, und ich stellte mir Erwan als Chef einer Baustelle vor. So bahnte sich die Idee ihren Weg. Aus Erwan einen Sprengstoffentschärfer zu machen war die Gelegenheit, diese Metaphorik darzustellen und dabei einen faszinierenden Beruf zu entdecken, der nur selten im Kino gezeigt wird.

20.12.2017, 16:32

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