Wurzeln und Wirkung

Zum Film Zwar hatten die Aktivisten, die sich Anfang der 1970er-Jahre in Kanada zusammenschlossen, mitnichten vor, eine globale Vereinigung zu bilden – den Grundstein dafür legten sie trotzdem
Wurzeln und Wirkung

Foto: NFP

How to change the world zeigt die abenteuerlichen Aktionen einer Gruppe vielseitiger Pioniere – kanadische Hippie-Journalisten, Fotografen, Musiker, Wissenschaftler und amerikanische Wehrdienstverweigerer: sie nahmen sich vor, die U.S. Atombombentests in Amchitka/Alaska zu stoppen – aber letztlich gründeten sie damit die weltweite Umwelt-Bewegung.

Die Vereinigung Greenpeace entwickelte sich aus einem engmaschigen Netzwerk passionierter Freunde anfang der 1970er-Jahre in Vancouver. Gemeinsam konzipierten sie eine Strategie für den Umweltaktivismus – eine Mischung aus halsbrecherischen, legendären Kraftakten und Aktionen und weltweitem Einsatz der Medien: Mit kleinen Gummibooten drängten sie sich zwischen riesige Walfängerschiffe und Wale, sie blockierten die Eisbrecher der Seehundfänger mit ihren eigenen Körpern und besprühten die Felle von Seehundbabys mit Farbe, um sie für den Pelzmarkt wertlos zu machen. Eine ihrer wichtigsten Unterstützerinnen war die französische Schauspiel-Ikone Brigitte Bardot.

Sie waren ihrer Zeit voraus, denn sie erkannten schon früh, wie man die Medien effektiv einsetzen kann. Sie begriffen, dass in den Zeiten der globalen Massenkommunikation ein Bild sehr viel wirkungsvoller sein kann als ein Streik oder eine Demonstration. Doch bereits im Sommer 1977 prozessierte Greenpeace Vancouver gegen Greenpeace San Francisco – die Organisation fiel ihren eigenen anarchischen Wurzeln zum Opfer, ächzte unter hohen Schulden und Auseinandersetzungen im eigenen Haus.

Der Regisseur Jerry Rothwell verwendete für seinen Dokumentarfilm How to change the world Interviews mit den Schlüsselfiguren der Bewegung sowie bisher noch nie gezeigte Archivaufnahmen, die die Arbeit dieser außergewöhnlichen Persönlichkeiten und ihr intensives, manchmal exzentrisches und oft gefährliches Leben anschaulich machen. Irgendwie gelang es der Gruppe, die inneren Widersprüche zu überwinden und einige der mutigsten, spektakulärsten und bedeutsamsten Umweltprotestaktionen überhaupt zu starten.

Rothwell konzentrierte sich im Film auf die 1970er-Jahre, also auf die erste Expedition, mit der die Gruppe 1971 in die Atomtestzone vor Alaska eindrang, sowie auf die ersten Kampagnen zur Rettung der Wale und Seehunde bis zum Jahr 1979, als die Gründer ihre zentrale Rolle aufgaben, indem sie Greenpeace International gründeten.

Im Mittelpunkt des Films steht der charismatische Journalist Bob Hunter, der schon als Zehnjähriger erste eigene Science-Fiction-Comics verfasste. Es gelang Hunter, "die Mystiker und die Mechaniker unter einen Hut zu bringen“ und eine zielgerichtete Aktionsgruppe zu bilden – was für ihn oft schwerwiegende persönliche Konsequenzen hatte. Rothwell lässt Hunter die Story in der ersten Person erzählen und gibt ihr damit den Rahmen – als Vorlagen dienten Hunters Texte und Tagebücher über die Gruppe, die vorgelesen und mit Animationen nach seinen eigenen Comics illustriert wurden.

How to change the world ist das intime Porträt der Gründungsmitglieder von Greenpeace und der weltweiten Umweltbewegung an sich: Idealismus contra Pragmatismus, Prinzip contra Kompromiss. Sie waren sich einig in der Überzeugung, dass eine handvoll Leute die Welt verändern kann; uneins waren sie oft nur in den Methoden der Umsetzung.

13.01.2016, 16:28

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