Wohldosierter Humor

Interview "Monsieur Claude und seine Töchter" war nicht nur in Frankreich ein Riesenerfolg. Regisseur Philippe de Chauvron spricht im Gespräch über die Beweggründe eine Fortsetzung des Films zu drehen, die Dreharbeiten und die richtige Dosierung von Humor
Um Gottes Beistand nicht verlegen: Marie Verneuil (Chantal Lauby) und der Priester ihres Vertrauens (Loïc Legendre).
Um Gottes Beistand nicht verlegen: Marie Verneuil (Chantal Lauby) und der Priester ihres Vertrauens (Loïc Legendre).

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Wie haben Sie den riesigen Erfolg vonMonsieur Claude und seine Töchter erlebt?

Philippe de Chauvron: Es war eine große Überraschung. Mir war bewusst, dass das Thema gefi el, es gab bereits früh positive Signale, aber ich hätte niemals einen Erfolg in dieser Größenordnung erwartet und ich war sehr überrascht, dass der Film auch im Ausland so erfolgreich war. Französische Komödien exportieren sich nicht immer gut und Monsieur Claude und seine Töchter ist um die ganze Welt gereist. Was belegt, dass Humor, wenn er auf universellen Themen basiert, überall funktionieren kann.

Wie kam Ihnen die Idee, dass die jungen Paare mit dem Gedanken spielen, auszuwandern?

Um die Struktur des ersten Teils wiederaufzunehmen, in dem die vier Töchter parallel Franzosen mit Migrationshintergrund heiraten, wollte ich, dass die vier Paare ein gemeinsames Abenteuer erleben. Die Wahlkampagne der Präsidentschaftswahl war in vollem Gange als ich schrieb und ich fühlte um mich herum die Angst vor den Extremen. Ich hörte Leute sagen, dass sie Frankreich verlassen würden, wenn eine dieser Parteien die Wahl gewinnen würde. Außerdem stellte ich fest, dass viele Bürger mit Migrationshintergrund über Diskriminierung klagten.

Nach dem Kinostart des ersten Teils sagten Sie, dass sie keinen Film mit Message machen wollten, aber dass sich viele des
Films bemächtigt hätten. Hat Ihnen das gefallen, hat Sie das überrascht oder geärgert?

Die Leute haben in dem Film alle möglichen Dinge gesehen, aber mein einziges Ziel, wenn ich schreibe, ist, die Zuschauer zum Lachen zu bringen. Mir macht es Spaß, über alle möglichen Dinge zu spötteln, und ich will da von niemandem vereinnahmt werden. Wenn es eine Botschaft geben muss, dann wäre es diese: wir leben alle im gleichen Land, umso mehr sollten wir versuchen, dass alles gut geht und jeder hier glücklich sein kann.


Hat Sie beim Schreiben wieder Ihr Umfeld inspiriert oder die Helden des Films?


Auch wenn ich mich immer von dem, was ich sehe, lese und was in der Welt passiert, inspirieren lasse, so war doch Monsieur Claude und seine Töchter unsere erste Quelle der Inspiration. Ich wollte die Figuren mit neuen Problematiken konfrontieren. Da ich wusste, dass meine Schauspieler witzig und einfallsreich sein würden, dachte ich beim Schreiben an die Art, wie sie schauspielern und sprechen könnten. Und da
sie alle sehr kreativ sind – sie schreiben selbst Filme oder Theaterstücke – habe ich sie bei den verschiedenen Drehbuchfassungen immer nach ihrer Meinung gefragt. Sie schlugen dann Ideen für Situationen oder Dialoge vor.


Ihnen Frankreich schmackhaft zu machen, war das eine persönliche Freude?


Den Satz von Sylvain Tesson, den Chantal Lauby im Film zitiert, hatte ich während des gesamten Schreibprozesses im Hinterkopf: „Frankreich ist ein Paradies, bewohnt von Menschen, die glauben, dass sie in der Hölle seien.“. Wir haben tatsächlich das Glück, in einem stabilen und gemäßigten Land zu leben, und viele unserer Mitbürger aus allen Herkunftsländern erkennen an, dass wir es hier nicht so schlecht haben.


Es gibt nach wie vor keine Schwarz-Weiß-Malerei. Waren Sie sehr auf die Dosierung bedacht?


Was in der Komödie zum Lachen bringt, das sind die Mängel der Figuren. Mein Ziel ist es also, sie ein bisschen „aufzuladen“. Die Schauspieler müssen aus ihnen dann trotzdem sympathische und liebenswerte Menschen machen. Der Charme, den sie versprühen, macht es möglich,
dass sie mit allem durchkommen. Uns ist zum Beispiel bei den Vorführungen aufgefallen, dass die Zuschauer Witze, die sie betrafen, erwarteten: die Algerier lachen über die Algerienwitze, die Chinesen lachen über die Chinesenwitze und so weiter. Alle wollen mit ins Bild.

Woher weiß man, wie weit man den Bogen überspannen kann?


Die Dosierung von Humor ist immer sehr rätselhaft. Zuerst muss man sich selbst und seinen Ko-Autor zum Lachen bringen. Nachdem ich die Ausgangsidee hatte, habe ich Guy Laurent angerufen, meinen Ko-Autor, damit er mir beim Schreiben des zweiten Teils hilft. Und da wir beide den gleichen Sinn für Humor haben, funktioniert das immer gut. Aber viel passiert auch beim Dreh, wenn die Schauspieler spielen, merkt man, was funktioniert und was nicht.

Wie ist das Wiedersehen mit den Schauspielern gelaufen?


Man kann nicht wirklich von Wiedersehen sprechen, denn ich hatte sie gar nicht aus dem Blick verloren. Am schwierigsten
war es, diese ganzen Schauspieler am Set zu managen, denn bei einer Komödie muss man konzentriert bleiben können.

04.04.2019, 10:56

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