„Give everyone the power to share anything with anyone.“ Die Forderung von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg klingt visionär und emanzipatorisch. Sie verspricht Freiheit, Selbstbestimmung, Macht und Gemeinschaft. Und tatsächlich werden in jeder Minute an jedem Tag etwa 500 Stunden Videomaterial auf YouTube hochgeladen, 450.000 Tweets auf Twitter gesendet und 2,5 Millionen Posts auf Facebook geschrieben. Aber was auf den Bildschirmen der Nutzer*innen sozialer Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Twitter ankommt, ist nicht das, was auch hochgeladen wurde. Es ist eine Auswahl, teils gefiltert nach moralischen oder ethischen Grundsätzen,
teils mit algorithmischer Genauigkeit angepasst an die Interessensprofile der Nutzer*innen.
Tag für Tag durchforsten Content Moderator*innen die Uploads und sortieren nach einem einfachen Schema aus: Was ignoriert werden kann, bleibt online. Was gelöscht werden soll, verschwindet. THE CLEANERS lässt zunächst diese Moderator*innen zu Wort kommen und dokumentiert deren Arbeit. Das Besondere daran: Die Löschabteilungen sind keineswegs direkter Bestandteil der großen Unternehmen. Facebook & Co. haben sie vielmehr an Dienstleister in Billiglohnländern übertragen und diese zudem zur Geheimhaltung verpflichtet.
You Cannot See What You Cannot See
THE CLEANERS konzentriert sich vor allem auf Moderator*innen auf den Philippinen. Ein Tagessoll von 25.000 Bildern haben diese zu erfüllen und müssen sich mit Darstellungen auseinandersetzen, vor denen die regulären Nutzer*innen geschützt werden sollen: Folter und Selbstverletzungen, Terrorismus, Kindesmissbrauch, Pornografie, Extremismus. Die Moderator*innen selbst sind auch ein wenig stolz darauf, dass sie mit ihrer Arbeit die Onlinewelt „sauberer“ machen und zu deren „Gesundheit“ eitragen. Dass die Bilder und Filme, die sie sich ansehen müssen, sie selbst aber auch nicht mehr loslassen und sich auch Content Moderator*innen das Leben nehmen, verweist darauf, wie belastend diese Arbeit ist – erst recht, wenn nur die Quantität der „reviews“ zur Debatte steht.
Immer wieder verlässt THE CLEANERS auch die dunklen Großraumbüros der Moderator*innen und öffnet den Blick für das Land, in dem diese leben. So rückt zugleich der kulturelle Hintergrund in den Mittelpunkt, der die Löschentscheidungen implizit beeinflusst. Die Bedeutung des Christentums auf den Philippinen wird ebenso gezeigt wie die Armut und die Politik des extremistischen, gleichwohl bei der Bevölkerung beliebten Präsidenten Duterte. Nicht immer sind Entscheidungen über die Angemessenheit von Inhalten eindeutig. Fällt ein Aktgemälde von Donald Trump unter die Rubrik Nacktheit oder unter Satire? Verherrlichen Aufnahmen von Luftangriffen terroristische Anschläge oder können sie der Aufklärung dienen? Zählen Diffamierungen von Minderheiten zum Recht auf freie Meinungsäußerung oder sind sie als hetzerisch einzustufen? Zunehmend wird deutlich, welche Reichweite diese Entscheidungen haben können. Noch brisanter wird es, wenn die Unternehmen auf Druck von Regierungen ortsspezifisch Inhalte blocken, die von diesen als unerwünscht angesehen werden. Denn mittlerweile kann es als Fakt gelten, dass soziale Netzwerke die Möglichkeit haben, Meinungsbildungsprozesse zu verstärken – eine ernstzunehmende Gefahr für die Demokratie.