Dekonstruktion

Zum Film Mit sichtlichem Vergnügen sprengt Sally Potter in ihrer temporeichen Komödie eine linksliberale Partygesellschaft und beweist, dass die Wahrheit immer noch die größte Explosionskraft besitzt
Dekonstruktion

Foto: Weltkino Filmverleih

Um ihre Ernennung zur Gesundheitsministerin im Schattenkabinett zu feiern, lädt die ehrgeizige Politikerin Janet enge Freunde und Mitstreiter in ihr Londoner Stadthaus. Als ihr Ehemann Bill mit einem brisanten Geständnis herausplatzt, nimmt die Party eine überraschende Wendung. Plötzlich offenbaren auch die anderen Gäste lang gehütete Geheimnisse, woraufhin Beziehungen, Freundschaften, politische Überzeugungen und Lebensentwürfe in Frage gestellt werden. Innerhalb kürzester Zeit kippt die kultivierte Atmosphäre in ein emotionales Chaos aus gegenseitigen Anschuldigungen. Während im Ofen die Häppchen verbrennen, fliegen im Wohnzimmer die Fetzen wie die Whiskeygläser und die Party steuert unaufhaltsam auf den großen Knall zu.

Mit sichtlichem Vergnügen sprengt Sally Potter in ihrer temporeichen Komödie eine linksliberale Partygesellschaft und beweist, dass die Wahrheit immer noch die größte Explosionskraft besitzt. Stilsicher inszeniert sie ihren brillant aufspielenden All-Star-Cast, der sich ein bissiges Wortgefecht nach dem nächsten liefert und dabei die Londoner Upper Class, Post-Post-Feministinnen und alteingesessene Linksintellektuelle genüsslich aufs Korn nimmt.

Die Regisseurin und Autorin Sally Potter sagt zu ihrem Film:

"THE PARTY ist eine Komödie mit einer Tragödie im Kern, in der das feierliche Zusammentreffen einer Gruppe von Freunden innerhalb kürzester Zeit eine gewalttätige Wendung nimmt. In der Politik ist eine Woche eine lange Zeit, aber in einer Beziehung können schon einige Minuten eine Ewigkeit bedeuten. Unter extremen Druck auf begrenztem Raum – und jedes Haus, das einst wie ein Zufluchtsort schien, kann sich schnell wie ein Gefängnis anfühlen – kommt alles Verborgene an die Oberfläche. Dies war der Abgrund, in den ich als Autorin blickte. Ich wollte das Gelächter auf Messers Schneide heraufbeschwören, wenn wir Zeuge werden, wie diese Gruppe von Menschen dramatisch daran scheitert, ihrer eigenen Parteilinie – what is morally right and politically left – zu folgen.

THE PARTY war als geradliniger Film angedacht, der den begrenzten Raum (und die Einschränkungen durch die Echtzeit) zur Kunst erheben sollte. In einer schwarz-weißen Filmwelt ohne Spezialeffekte und zahlreiche Ortswechsel müssen einfache Elemente die Geschichte erzählen können. Alles ist entblößt. Es gibt keinerlei Verstecke, wenn man mit den grundlegenden Zutaten einer Geschichte arbeitetet: Charakter, Licht und Dunkel, Stimmen und Musik. Die Kamera späht in die Schatten und starrt unerschrocken in die Gesichter dieser Figuren und ihren Moment der Krise – eine Krise, die sich entfaltet, als jeder von ihnen beginnt, die Wahrheit zu sagen. Ich war mit einem Ensemble großartiger, mutiger Schauspieler gesegnet, die sich mit Enthusiasmus und Disziplin in das Projekt gestürzt haben – im Dienste der heilenden Kräfte bittersüßen Gelächters, in einem Moment, als die Geschehnisse dieser Welt uns eigentlich alle zum Weinen bringen wollten."

27.07.2017, 10:29

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