Tylers (Shia LaBeouf) und Zaks (Zack Gottsagen) Wege kreuzen sich rein zufällig. Auf den ersten Blick könnten die beiden Männer kaum unterschiedlicher sein. Tyler ist Krabbenfischer in North Carolina, ein knorriger, maulfauler Typ, der sich auch schon mal an den Netzen der Redneck-Konkurrenz bedient. Zak dagegen fristet ein unwürdiges Dasein im Altenheim. Dabei ist er gerade erst 22 Jahre alt. Aber Zak hat Down-Syndrom und kann nach Ansicht der Behörden nicht allein für sich sorgen. In dem kleinen Kaff im Südosten der USA gab es offenbar keinen besseren Platz für ihn, ganz gleich, wie kreativ, willensstark und schlau er auch sein mag.
Und so treffen sie aufeinander an jenem denkwürdigen Tag, als plötzlich beide auf der Flucht sind: Tyler, weil er das Equipment seiner Kollegen abfackelt und damit den Bogen endgültig überspannt. Und Zak, weil er beim x-ten Versuch endlich jene Gitter überwindet, die ihn schon viel zu lange von der Erfüllung seines großen Traumes abhalten. Vorerst eint beide nur ein Gedanke: bloß schnell weg hier! Aber schon bald wird sich herausstellen, wie gut sie einander ergänzen – und wie nötig sie einander trotz aller Gegensätze haben.
„The Peanut Butter Falcon“ erzählt die Geschichte einer magischen Reise, auf der für eine kurze, intensive Zeit die Regeln des Alltags außer Kraft gesetzt werden. Wie einst Huckleberry Finn und Tom Sawyer segeln Zak und Tyler mit einem selbstgezimmerten Floß gen Süden und erleben ein einmaliges Abenteuer. Tyler wird dabei zum Mentor für seinen kauzigen Verbündeten, während Zak mit seiner unschuldigen Aufrichtigkeit Tyler klarmacht, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Die wichtigste Inspirationsquelle für Michael Schwartz und Tyler Nilson, das Regieduo hinter dem außergewöhnlichen US-Indie, der nicht nur beim diesjährigen South by Southwest sondern auch beim Deauville Film Festival den Publikumspreis gewann, war Hauptdarsteller und Kinodebütant Zack Gottsagen. Nilson lernte ihn vor ein paar Jahren bei einem Workshop für Schauspieler mit Behinderungen kennen und war sofort begeistert von Gottsagens Charisma und Selbstbewusstsein. Gemeinsam mit Schwartz schrieb er Gottsagen daraufhin die Geschichte auf den Leib: ein leidenschaftliches, humorvolles, gänzlich klischeefreies Plädoyer für die Kraft der Träume und die Freiheit aller Menschen. Gottsagen überzeugt mit lakonischem Witz und pointierter Darstellung; er ist ein wahres Naturtalent.
Eine vollkommen andere, aber mindestens genauso grandiose Leistung bietet Hollywoods Enfant terrible Shia LaBeouf. Er legt den glücklosen Tyler als Kleinganoven an, hinter dessen harter Fassade sukzessive eine wunderbare Wärme und Verletzlichkeit zum Vorschein kommt.
Eleanor (Dakota Johnson), Pflegerin in Zaks Heim und seine Vertraute, wurde mit der Mission betraut, den hartnäckigen Ausreißer zurückzuholen. Sie macht aus dem unwahrscheinlichen Duo schließlich ein geradezu märchenhaftes Trio. Als sie die beiden Flüchtigen aufspürt, bringt sie es nicht übers Herz, deren gerade erst begonnenes Abenteuer gleich wieder zu beenden – und schließt sich ihnen kurzerhand an.
Schwartz und Nilson inszenieren ihr Regiedebüt als unterhaltsames Roadmovie mit viel Fingerspitzengefühl. Nie wird daraus ein tränenseliges Drama, immer überwiegt die Lust am kraftvollen Realismus. Der Trip führt immer tiefer in eine sinnlich-üppige, irgendwie zeitlose Südstaaten-Welt, in der fast alles möglich erscheint. Sogar ein optimistischer Nachwuchs-Wrestler mit dem schönen Künstlernamen „Peanut Butter Falcon“.