Der Vergangenheit so nah
"Christian Petzold hat interessiert, wie weit der Exilroman von Anna Seghers in unsere Gegenwart hineinreicht. Er inszeniert das meisterhaft. Es ist sein bisher emotionalster Film und wird trotzdem nie sentimental. Während der Berlinale auf der Pressekonferenz zu "Transit" sagte er, das aktuelle deutsche Asylgesetz beruhe auf Erfahrungen von Menschen wie Anna Seghers und wer dieses Gesetz angreife, greife auch die individuellen Erfahrungen aus der Zeit des Dritten Reiches an. Im Kino sitzt man als Zuschauer selbst in einer Art Transitraum – und staunt, wie wundersam nahe uns die Vergangenheit in diesem Film kommt." Bayrischer Rundfunk
Mit Papieren dem Phantomdasein entfliehen
"Immer schon haben Christian Petzold Phantom-Filme fasziniert, Geschichten, die darum kreisten, was denn nun eine menschliche Existenz eigentlich ausmacht. In "Transit" läuft alles zusammen: Um dem Phantomdasein zu entfliehen, braucht man Papiere; und doch sind die Papiere wertlos ohne ein wahres Ziel. "Transit" findet ein seltsames Gleichgewicht aus Surrealem und harter Wirklichkeit. Alles - das Licht, die Menschen in den Wartesälen, die Kleider, die sie tragen - ist irgendwie gleichermaßen plausibel und unfassbar. Es ist ein Zwischenreich, in dem die Zeit stillsteht." Süddeutsche Zeitung
Warten auf die Flucht
"Die Bilder im Cinemascope-Format umhegen die Protagonisten. Franz Rogowski mit seiner unaufgeregten Präsenz, der leicht gebückten Gestalt, der zärtlich undeutlichen Diktion. Paula Beer als irrlichternde und doch manifeste Erscheinung. Petzolds TV-Stammschauspieler Matthias Brandt und Barbara Auer. Für die Kamera zeichnet wieder Hans Fromm verantwortlich, für die Montage Bettina Böhler: Man übersieht es leicht, aber die Sorgfalt, ja Fürsorge und Behutsamkeit, mit der Petzold und sein Team die Figuren in Büroräumen, am Kneipentresen oder auf der Straße in den Blick nehmen und sie dem Flow der Bilder überantworten, sucht in Deutschland ihresgleichen." Tagesspiegel
Am Herzschlag des Kinos
"In einem kühnen Wurf versetzt Christian Petzold den 1942 von Anna Seghers im Exil geschriebenen Roman in die heutige Hafenstadt. Auf der Flucht vor dem Faschismus laufen die deutschen Figuren durch die südfranzösischen Straßen der Gegenwart. Accessoires lassen die Vergangenheit im Heute mitschwingen: Taschenuhren, abgeschabte Lederkoffer, Briefe in Sütterlin. Es geht um das Überleben, Sterben, Sehnen, Lieben in einem Transitraum. Die Festplatten mit den bereits gedrehten Szenen bekommt Böhler aus Frankreich nach Berlin geschickt. " Die Zeit
Auf der Flucht sieht man mehr
"Nichts in seinem Leben ist mehr normal und vieles doch. Vor der Absolutheit drohender Entscheidungen gewinnen flüchtige Begegnungen an Bedeutung. Das beschrieb auch Seghers so, die Kommunistin, die diesen Roman erstaunlich unideologisch und offen formulierte. Petzold arbeitet dies heraus, etwa indem er seinen Georg in Marseille die Freundschaft zu einem kleinen Jungen, Driss, suchen und ihn mit diesen Fußball spielen lässt. Und ähnlich wie Seghers stattet er die Beziehung Georgs zu Driss und dessen Mutter mit einem komplexen individuellen Hintergrund aus. Auf der Flucht sieht man mehr." Taz