Regisseurin Marie Kreutzer zum Film
Über die Entstehung
Die Idee zum Film kam eigentlich vom Produzenten Alexander Glehr. Er hat mir vorgeschlagen, doch eine „Bobo-Eltern-Komödie“ zu machen, und ich habe gesagt, das ist eigentlich ganz leicht, da ich nur aufschreiben brauche, was ich den ganzen Tag höre, und so ungefähr habe ich die erste Drehbuchfassung auch geschrieben. Ich selbst war wirklich noch mittendrin in dieser Phase, in der auch die Protagonisten des Films sind, weshalb mir das Schreiben sehr leicht fiel. Das ist sicher das einzige Drehbuch, für das ich überhaupt nichts recherchieren musste. Das war dann erst irgendwann später notwendig. Aber das Wesentliche wusste ich ja und auch, dass ich wieder einen Ensemblefilm machen möchte und dass es drei Paare sein sollten.
Das hat mir dann geholfen, die Geschichte zu strukturieren und anhand eines Freundeskreises zu erzählen. Es war mir von Anfang an wichtig, dass es um diese Freundschaften geht und darum, wie sich die verändern mit dem Erwachsenwerden, mit Kindern, aber es sollte nicht um die Attraktion Baby selbst gehen. Einige meiner Lieblingsfilme sind Ensemblefilme, und es hat sich sehr gut angeboten, das Thema über eine Gruppe zu erzählen, über einen Freundeskreis. Ich glaube, es hat auch ein bisschen damit zu tun, dass ich mich selbst nach Gruppengefühl sehne.
Eine Komödie zu machen, war durch die Idee zum Film bereits vorgegeben, aber ich denke beim Schreiben nicht so sehr in Genres, sondern ich denke immer an die Geschichte und daran, dass die Sprache aus den Figuren selbst herauskommen und zu ihnen passen soll. Die Schmähs entstehen dann automatisch und dann noch einmal beim Drehen. Es ist natürlich auch wichtig, dass hierbei die Zusammenarbeit mit den Schauspielern funktioniert, und ich arbeite sehr gerne mit Schauspielern, die auch ein bisschen über den Text hinaus improvisieren. Sehr gerne lasse ich auch oft die Kamera einfach weiterlaufen. Dann müssen sie immer irgendwas tun, weil sie sich nicht trauen aufzuhören, solange niemand „Danke“ sagt. Da entstehen dann oft noch schöne Sachen, aber verlassen kann man sich natürlich nicht darauf. Ich glaube, dass jeder Film gut geschrieben sein muss und dass das für eine so dialoglastige Form wie die Komödie wahrscheinlich im Besonderen gilt.
Über Bobos, Optimierungswahn und Luxusprobleme
Ich habe mich natürlich beim Schreiben und auch später in der Umsetzung des Films oft gefragt, was eigentlich der Begriff „Bobo“ für mich bedeutet. Bin ich ein Bobo? Ist meine Umgebung Bobo? Was ist Bobo in der Kindererziehung? Es war mir wichtig zu überlegen, was mich genau an dem Film interessiert und was daran gesellschaftlich und auch emotional relevant ist. Ich denke, das Kernelement, das einen Bobo antreibt, ist eine Art Optimierungswahn auf allen Ebenen. Das hat natürlich ganz viel mit Konsum zu tun, aber eben auch mit dem Sozialleben, und es spiegelt sich ganz stark wider in Fragen wie „Wie mache ich auch aus meinem Kind das beste Kind?“ und „Wie mache ich aus uns die beste Familie?“. Da findet dann sehr wenig aus dem Bauch heraus statt, und es gibt stattdessen sehr viel Reflexion und auch den Vergleich mit anderen. Dieser Drang zur Selbstoptimierung, zur Optimierung der Gegenstände, der Wohnumgebung, des Freundeskreises und eben auch des Kindes, ist für mich das Spannende an diesem Thema.
Ich glaube, dass wir im Prinzip zu wenig andere, große Probleme haben und uns deshalb zu viel damit beschäftigen können, wie wir alles tun. Damit meine ich in allen Fragen des Lebens uns ganz besonders in der Frage der Familie und der Kindererziehung. Welches Buch lese ich, welches nicht? Welches Produkt kaufe ich, welches eben nicht, weil es böse ist? In welche Kindergruppe gehen wir? Was gebe ich zu essen? In bestimmten Milieus beschäftigen wir uns heutzutage überdurchschnittlich viel mit solchen Fragen. Der Film ist deshalb auch ein Film über Luxusprobleme, und dadurch ist er vielleicht nicht vordergründig, aber eben doch politisch, da es um eine Generation von Menschen geht in einem Teil der Welt, in dem man tatsächlich keine anderen Sorgen hat, als in welche Kindergruppe das Kind geht und ob es dort Rosinen gibt oder nicht.
Über den Titel „Was hat uns bloß so ruiniert“
Der Titel des Films bezieht sich zum einen auf diesen Lebensstil, auf diese wahnsinnige Beschäftigung mit Luxusproblemen und Konsum und Lifestyle und eigentlich wenig Wesentlichem mehr. Aber er bezieht sich zum anderen natürlich auch auf den Übergang von den lässigen, jungen Erwachsenen zu den Eltern, die dann plötzlich im Supermarkt auf dem Boden sitzen, weil sie nicht mehr können. Oder die das Kind auf der Straße anschreien vor Überforderung. Man sieht sich dann manchmal von außen und fragt sich: Wie ist das passiert? Wer bin ich plötzlich? Das ist der Hauptgrund für den Titel, und dann gibt es natürlich noch das Lied von „Die Sterne“. Ein Lied, das man in meiner Generation einfach kennt und das auch ein Hit war damals.
Ein Film über Freundschaften und das Erwachsenwerden
Es ist ein Film über Freundschaft und über die Frage, wie sich die eigenen Werte verändern, wenn man erwachsen wird. Ein Kind ist da natürlich ein wesent- licher Faktor im Erwachsenwerden, der das sozusagen ein bisschen endgültig definiert, dass man das jetzt sein muss. Im Schneideprozess ist es dann noch deutlicher geworden, dass es um die Veränderung von Freundschaften geht, um die Veränderung von solchen Beziehungskonstellationen. Was macht es mit einem, wenn sich das Leben einerseits so grundlegend ändert, man mehr Verpflichtungen hat und man sich andererseits auch immer vergleicht in dem, wie man es macht und wie gut man es macht?
Es ist eine Art Wettbewerb, und das kann Freundschaften stark beeinflussen. Man kann über diese Geschichten sehr gut von außen lachen, wenn man keine Kinder hat. Man kann sich darin wiederfinden, wenn man welche hat, und es haben sich auch Leute darin wiedergefunden, die bereits erwachsene Kinder haben und diese Bobo-Lebensentwürfe so gar nicht kannten. Ich glaube, man kann den Film aus verschiedenen Perspektiven genießen, und vielleicht berührt es einen eher, wenn man ein Kind hat, oder vielleicht findet man es eher nur lustig, wenn man keines hat. Denn im Mittelpunkt steht nicht nur dieses Elternsein, sondern das, was es mit Freundschaft und Beziehung macht.