Europas Müllhalde

Zum Thema In Agbogbloshie landet der Elektroschrott der Ersten Welt. Obwohl es illegal ist, landen dort jedes Jahr tausende Tonnen Müll aus Europa. "Welcome to Sodom" will ein Bewusstsein für die Auswirkungen unseres Konsums schaffen
Europas Müllhalde

Foto: Camino Filmverleih

Das Thema „Elektromüll“ ist in jüngster Zeit durch unterschiedliche Medien zunehmend in unser Bewusstsein gerückt. Wir wollten diese Sensibilisierung der Öffentlichkeit ganz bewusst nutzen und mit „Welcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier“ erstmals jenen Menschen ein Gesicht und eine Stimme geben, die am untersten und schmutzigsten Ende der Wertschöpfungskette des Technologiezeitalters stehen. Der Film ist keine Anklage, sondern eine Reflexion auf die globalisierte Gesellschaft, die einmal mehr zum Nachdenken über Konsumverhalten und Nachhaltigkeit anregen soll. Allein die Tatsache, dass es immer noch zu wenig öffentliches Bewusstsein für diesen Elektromüll - Kreislauf gibt, verleiht dem Film Relevanz.

In exemplarischen Episoden werden die Auswirkungen der europäischen Elektromüllexporte am Mikrokosmos der Deponie von Agbogbloshie in Ghana gespiegelt. Die Handlungsstränge werden ausschließlich von den Protagonisten getragen, der Alltag der Menschen wird sensibel dokumentiert. Der Verzicht auf Kommentar und klassische Interviewsituationen soll dabei Raum für eine assoziative Annäherung und emotionale Einbindung der Zuseher schaffen. Unser Ziel war es, über einen längeren Zeitraum in den einzigartigen Kosmos von Agbogbloshie einzutauchen und die Geschichte von diesem Schauplatz ausgehend zu entwickeln. Wir
haben in Folge drei Monate auf der Müllhalde verbracht, einem der wohl unwirtlichsten und giftigsten Orte der Erde. Es war nicht einfach und hat viel Zeit gebraucht, das Vertrauen der Bewohner zu gewinnen und ihnen so nahe zu kommen, dass sie uns ihr Innerstes öffneten.

Diese Nähe unterscheidet „Welcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier“ von anderen Berichten über diesen Schauplatz, die meist an der Oberfläche bleiben. Um diesen Ort, das Leben an diesem - eigentlich - Un-Ort verstehen zu können, muss man tiefer blicken. Denn die endzeitlich anmutende Szenerie entpuppt sich bei näherer Betrachtung als pulsierender Ort voller Lebensfreude, Hoffnung und unglaublicher Kreativität. Im scheinbaren Chaos der Müllhalde entdecken wir perfekte Organisation, ja Ordnung und lernen Menschen kennen, die im besten Sinne „Recycling“ betreiben. Denn auf Accras großer Müllhalde wird alles, wirklich alles (wieder-) verwertet und es bleibt kaum etwas übrig.

Wir wollen den Zuschauern mit diesem Dokumentarfilm die Elektromüllproblematik der Ersten Welt und ihre Auswirkungen in der Dritten Welt vor Augen zu führen. „Welcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier“ vereint alle Elemente um den Zusehern lange in Erinnerung zu bleiben: Eine bildgewaltige visuelle Ebene und berührende menschliche Geschichten. Dabei wird auf eine Abbildung der Armut in Hochglanzbildern sowie auf jegliche spekulative Visualisierung verzichtet. Es geht um die Darstellung einer Realität, die an diesem Ort dramatisch genug ist und daher keiner Inszenierung bedarf – nur einer genauen und sensiblen Beobachtung.
Der Film behandelt ein Thema von höchster Aktualität. Wir hoffen damit kritische Kinobesucher anzusprechen, ihr eigenes Kaufverhalten zu überdenken und sie, entgegen der Doktrin der Wegwerfkultur zu sensibilisieren. Wir würden uns wünschen, dass „Welcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier“ vielschichtige Reflexion bewirkt und intensive Debatten eröffnet.

02.08.2018, 10:26

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