Folk satt: Down By the River Festival 2011

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Berlin gilt vor allem als Zentrum der elektronischen Musik. Dass es hier auch eine aktive Underground-Folkszene gibt, ist weniger bekannt. Doch sie lebt und sie ist international: Viele hier „hängengebliebene“ junge Menschen aus aller Herren Länder, vor allem aus dem englischen Sprachraum, haben ihre Klampfen mitgebracht. Sie und ihre deutschen Kolleg/innen, die in den Straßen, Clubs und Parks musizieren, beschränken sich dabei keineswegs nur auf den klassischen Folksong, sondern spielen sich durch die ganze Bandbreite von Chanson, Rock, Elektro und Country. Zentrale Anlaufpunkte für die Freund/innen des handmachten Low-Fi Sounds sind dabei u.a. der Schokoladen, eines der letzten noch existentierenden alternativen Veranstaltungszentren in Mitte, und das Madame Claude in Tiergarten.

Im Schokoladen gibt es regelmäßig Konzerte mit lokalen und durchreisenden Künstler/innen, u.a. jeden Donnerstag bei der Veranstaltungsreihe M:Soundtrack, welche die US-Amerikanerin Melissa Perales seit einigen Jahren kuratiert. Im Madame Claude organisiert das Team von Four Track on Stage einen monatlichen Open-Mic-Abend, inspiriert von der Antifolk-Szene der New Yorker-Lower Eastside, die Ende der 90er die Folktradition ihrer Stadt wiederbelebt und ihr den Namen „Antifolk“ verpasst hatte.

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Poster 2011

Die Vier von Four Track on Stage gehören auch zu den Mitorganisatoren des Down By The River Festivals, das am Samstag zum dritten Mal stattfindet. 2009 wollte man eine kleine lokale Alternative zu den vielen großen Musikfestivals des Sommers anbieten und trommelte dafür alle Berliner Freunde zusammen und buchte ein paar nationale und internationale Acts dazu. Die wenigsten von ihnen waren außerhalb der Szene bekannt. Das Konzept erwies sich sofort als Erfolg: Das Publikum in der gut besuchten Bar 25 am Spreeufer tanzte noch in den späten Abendstunden barfuß zu den abschließenden Geigenklängen der Britin Martha Rose.

Die Bar 25, die mit ihrem Ambiente entscheidend den Charakter des Festivals prägte, ist nun Geschichte. Die Veranstalter haben sich diesmal in deren Nachfolgeprojekt, dem Kater Holzig, auf der anderen Spreeseite eingerichtet. Ansonsten blieben sie beim bewährten Rezept, das inzwischen republikweit einen guten Ruf hat: Wieder präsentieren sie über ein Duzend Acts aus der reichen Berliner Szene, und ein paar internationale Künstler/innen. Als Headliner konnten sie diesmal Antifolk-Altmeister Jeffrey Lewis aus New York und Shooting-Star Chinawoman (Toronto / Berlin) verpflichten.

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Jeffrey Lewis

Lewis hat sich als Chronist der Musikgeschichte der Folkgeschichte der Lower East Side, aber auch der widerständigen Teile der Rockgeschichte allgemein profiliert – nicht nur mit seinen sperrigen, schrägen und wortreichen Songs, sondern auch mit Comics, mit denen er auch gern in seinen Shows seine Geschichten bebildert. Chinawoman ist eine Musikerin aus Toronto, die jedoch auch noch enge Verbindung zu ihren russische Wurzeln hat und inzwischen in Berlin lebt. Zunächst wurde die Indie Folk-Sängerin mit der tiefen Stimme und dem melancholischen Leonard Cohen-Touch über das Internet bekannt, inzwischen ist sie schon ein begehrter Act auf europäischen Bühnen – besonders in Osteuropa. Ein weiterer empfehlenswerter Act ist die ebenfalls sehr unkonventionelle russisch-israelische Musikerin Mary Ocher, die jüngst ihr erstes Soloalbum veröffentlicht hat.

Down By The River Festival 2011
23. Juli 2011
Kater Holzig
Köpenicker Str. 50 (links neben Kiki Blofeld), Berlin

Karten im VVK bei Koka 36

Website
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Fotos vom Down By The River Festival 2009
Fotos vom Down By The River Festival 2010

Update: Fotos vom Festival 2011

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