Die Linke: Heute die Landtage, morgen ganz Deutschland

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Heute habe ich die Stellungnahmen der Landessprecher-Doppelspitze Die Linke Bayern zu den Wahlergebnissen in Schleswig-Holstein gelesen.

"Zum Ergebnis der Landtagswahl in Schleswig-Holstein erklärt die Landessprecherin der LINKEN. Bayern, Eva Bulling-Schröter (MdB): Bei aller Enttäuschung – das Ergebnis ist für die LINKE besser als die Umfragen. ..."

Ich bin nicht so optimistisch, was Die Linke anbelangt. Ich weiß noch, wie es am Abend der Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz war, als Die Linke nicht nur nicht in die Landtage einzog, sondern die Wahlergebnisse noch schlechter waren als die Umfragewerte. In unserem Büro sollte eine Feier stattfinden, jedoch gab es stattdessen lange Gesichter, zurecht. Ein engagierter Genosse, der auch Wahlkampfhilfe in Baden-Württemberg gemacht hatte, hat geschimpft, zurecht. Ich habe im Gespräch mit dem Büroleiter enttäuscht meine kritische Analyse mitgeteilt, zurecht.

Andererseits hat es dann bei uns auch Aussagen eines selbstkritikscheuenden Optimismus gegeben, dem ich widersprochen habe. Dass Die Linke teils nicht in die westlichen Landtage hineinkommt, teils wieder herausfällt (am Ende gar aus dem Bundestag), das ist ein Desaster, denn Die Linke ist ein wichtiges und notwendiges Korrektiv zum herrschenden, neoliberal-neokonservativen Einheitsbrei, der so oft gegen die Grundsätze von Artikel 1 (1) - "(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." -, und Artikel 20 (1) - "(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat." - des Grundgesetzes verstößt.

"Der Landessprecher der LINKEN. Bayern, Xaver Merk, erklärt: Das Ergebnis unserer Partei ist nicht nur Folge der schlechten Wahlbeteiligung, sondern auch zwei Irrtümern der Wählerinnen und Wähler geschuldet. Irrtum 1 ist, mit einer sozialdemokratisch geführten Landesregierung werde es sozial gerecht zugehen in Schleswig-Holstein, und Irrtum 2 ist, dass die Piraten eine ernsthafte politische Alternative bieten – sie sind lediglich ein Auffangbecken für Protestwähler, die von der bisherigen Landespolitik enttäuscht wurden."

Tachelesmäßig von mir: Irrtum 3 ist, dass die Aussagen über die soziale Gerechtigkeit bei Der Linken ausreichten, um als eine ernsthafte politische Alternative zu gelten.

Ich bin ein Linken-Mitglied und ein Piraten-Sympathisant, sowie ein Ex-Grünen-Sympathisant und ein Ex-Kaum-SPD-Sympathisant. Keine dieser Haltungen meiner über drei Jahrzehnte währenden politischen Bewusstseinsbildung ist ein Irrtum.

Die Piraten treffen den gesellschaftspolitischen Nerv des 21. Jahrhunderts, wie die Grünen zuvor den gesellschaftspolitischen Nerv der 70er/80er getroffen hatten. Und zwar beide auch über die jeweiligen Inhalte hinweg und hinaus.

Die Linke erscheint mir vielmehr wie ein linker Flügel der SPD, ob in negativer, oder in positiver Fixierung. Und so wie ich in Bezug auf die Piraten ein Déjà-vu-Erlebnis des Frischen Windes analog zu den Grünen damals habe, so habe ich ein solches beim Umgang der jeweils etablierten Parteien - heute Die Linke, damals die SPD: Teils Vereinnahmungsversuche, wenn man auf Gemeinsamkeiten hinweist, teils Abgrenzungen, wo Unterschiede bestehen.

So wie die SPD schon damals zunehmend den Nerv der Zeit verfehlt hat, so verfehlt analog Die Linke heute den Nerv der Zeit zunehmend. Innerhalb des sozialen Spektrums ist das Sozial-Autoritäre passé: die 70er/80er waren schon sozial-alternativ, das 21. Jahrhundert ist sozial-liberal. Wenn Die Linke das Alternative und das Liberale nicht integrieren kann, so findet sie im bewegten Teil der Bevölkerung kaum eine Verankerung, während der unbewegte und ex-bewegte Teil der Bevölkerung je nach Gusto CDU/CSU, FDP, SPD oder Die Grünen wählt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Red Bavarian

Die Vergangenheit analysieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft erdenken.

Red Bavarian

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