Nachrichten von der Volksgemeinschaft

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Mit diesem Blogbeitrag möchte ich auf den Text von Ehrlicher antworten, die in ihrem Beitrag der "Fokussierung auf Hitler" begegnen möchte. Das ist entweder ungeschickt ausgedrückt und soll heißen, dass man nach den tieferen Ursachen für die Verbrechen der Nationasozialisten (oder der Deutschen) suchen möge und die Schuld nicht auf einen dämonisierten Hitler schiebt, dass man also Verantwortung übernehmen möge um für ein "Nie wieder" zu sorgen, oder es steht eine andere Absicht dahinter, die mir nicht gefiele.

Hier also meine Antwort:

Die Praktiken der „Vernichtung Lebensunwerten Lebens“ kann man nicht betrachten, ohne diese in den Kontext mit der Gesundheitspolitik der Nationalsozialisten zu stellen.

In deren Mittelpunkt stand der Volkskörper, den man sich im Wortsinn als lebendiges Wesen höherer Ordnung vorstellte, und der aus dem Kollektivsubjekt dem "Deutschen Volk" bestand. Dieser Volkskörper war für die Nationalsozialisten konkreter als das Individuum, welches als abstrakter Teil des Volkskörpers -sozusagen als Zelle- galt. Der Volkskörper konnte altern, gesunden, erkranken, entarten und sterben. Aus diesem Blickwinkel wird das Leben Einzelner relativiert und dient der Stärkung des Volkskörpers.

Die Idee der Eugenik war nicht neu als die Nationalsozialisten sie aufgriffen und auch ziemlich verbreitet Anfang des 20. Jahrhunderts. Als Schöpfer der Idee gilt Francis Galton, der sie so definiert:

„neue Lehre von allen Einflüssen, denen es möglich sei, die angeborenen Eigenschaften einer Rasse zu verbessern und zu höchster Vollkommenheit zu entwickeln“*.

Bis in Deutschland die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, waren die USA führend auf dem Gebiet, doch unter den Bedingungen die nach '33 in Deutschland herrschten, waren ganz andere Dinge möglich. Leonardo Conti, der zum Reichsgesundheitsführer werden sollte schrieb 1926 in einem Artikel in den „Deutschen Nachrichten“ u.a. die folgenden putzigen Sätze:

„In der Rechtsprechung sollte (…) auch der Gedanke der Ausmerzung absolut Minderwertiger durch die Strafbemessung und die Art der Strafe, (Todesstrafe) maßgebend sein. Auch die zwangsweise Unfruchtbarmachung sollte als rassenhygienische Maßnahme gesetzlich Möglich sein. Die Tötung von idiotischen Kindern ist heute nicht gestattet, obgleich namhafte Rechtsgele(e)hrte und Ärzte ein Gesetz zur Vernichtung lebensunwerten Lebens ausgearbeitet haben.“

Töten durfte man Kinder auch unter den Nationalsozialisten nicht. Im „ Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GezVeN)“ vom 14. Juli 1933 ist lediglich die Sterilisierung erwähnt. Solche Gesetze gab es zu dieser Zeit bereits in einige Staaten auf der Welt. Das Gesetz schuf einen juristischen Rahmen für die Politik der Rassenhygiene und wenn man nicht wüsste, worum es geht, klänge es ganz unverdächtig (ich bin allerdings kein Jurist!).

Die Ausmaße und Unglaublichkeit, mit denen diese krude Idee umgesetzt wurde, war allerdings nur unter der Herrschaft der Nationalsozialisten möglich. Mit dem „Gnadentoderlass“ ermöglichte Hitler die Aktion T4. Zu dieser hatten nicht nur Rassenhygienische Überlegungen geführt:

„in Kriegszeiten, wo Millionen der Besten und völlig Unschuldigen ihr Leben opfern müssten, müsse man auch vom Gemeinschaftsschädling seinen Beitrag zum allgemeinen Wohl fordern“.

Schöne Grüße vom Reichsgesundheitsführer.

*Wenn man sich aktuelle Forschungen zur Evolution und Genetik anschaut, könnte der Satz fast rührend sein.

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Geschrieben von

merdeister

Ein guter Charakter erzieht sich selbst. - Indigokind - Blogtherapeut

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