S21: SPD fordert mehr Regierungskriminalität. Eine Polemik

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Wie zu erwarten, explodieren so langsam die Testosteronbomben in den Reihen der baden-württembergischen Sozen-Fakes. Koalitionäre Heckenschützen, Hintertreiber und Grün-Rot-Mobber machen mobil. „SPD-Kreise“ (StZ /3/2/12) - oder sollte man, in Anlehnung an Erika Steinbach, vielleicht besser von NSDAP-Kreisen in der SPD reden? - werfen ausgerechnet der in Sachen S21 politisch tapsigen, juristisch unbedarften und ansonsten reichlich willigen Führung der Grünen „doppeltes Spiel“ und Hintenherum-Getue in Sachen S21 vor (StZ) . Heiliger Sankt Rivoir, Gönnere für uns und bewahre uns vor allen Schmiedeln!

Offenbar lässt das chronische Versagen des Hundt-VfB – Hundt musste sich schließlich um S21 kümmern – den Frust-Level bei manchem Schein-Roten im Ländle dermaßen ansteigen, dass jetzt endlich Sägen kreischen und Bäume krachen müssen für den (Ersatz-)Sieg. Die SPD-Hooligans wollen endlich Gewalt und Verwüstung sehen. Die Schwarz-Gelben sowieso. Wo bleibt denn der „totale Krieg“, den Geißler versprochen und dessen chronisches Ausbleiben Oettinger so launig beklagt hat?

www.augsburger-allgemeine.de/politik/Geissler-spricht-vom-totalen-Krieg-id16200036.html

www.stern.de/politik/deutschland/neues-aus-dem-schwabenland-ein-oettinger-ein-fettnapf-581643.html

„Der Vorhalt lautet, der Regierungschef habe – flankiert von Verkehrsminister Winfried Hermann und dem Chef der Staatskanzlei, Klaus-Peter Murawski – massiv versucht, den Polizeieinsatz zum Abriss des Südflügels abzuwenden. Auch bei der Bahn sei das Trio in diesem Sinne tätig geworden.“

Aha. Deshalb also ist schon Februar und immer noch fließt kein Blut! Und auch die Verwüstung der Stadt kommt nicht voran! Dieses hinterhältige grüne Pack! Der Öffentlichkeit gegenüber spricht es von „ einer konstruktiven Begleitung des Projekts“.... Was? Kritisch-konstruktiv? Ist doch dasselbe!...Hintenherum aber ist das Verhalten vor allem friedlich-destruktiv! „Man bekommt den Eindruck, dass da ein doppeltes Spiel getrieben wird.“ Mit allen Mitteln werde versucht, den Baufortschritt zu verzögern.“

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.streit-um-stuttgart-21-spd-wirft-gruenen-doppeltes-spiel-vor.2abbd5db-dc44-4c50-ac6e-8a8cc22a389a.html

Wie bitte? Die Regierung verzögert Baufortschritte? Die Regierung? Bei welchem Bau denn?

„Selbst unter Mitwirkung aller Projektpartner alle Aktionen zeitkritisch“ – diese Warnung prangt auf dem Papier, das Bahnvorstand Volker Kefer im September 2011 zunächst dem Aufsichtsrat des Konzerns und wenige Tage später dem Lenkungskreis der Projektpartner präsentierte. Darin listet er jene Arbeiten auf, die den Bauablaufplan der Bahn zu diesem Zeitpunkt gefährden könnten: „Vergaben Planfeststellungsabschnitte 1.1 und 1.5 bis Oktober 2011“, heißt es dort unter anderem. Stand heute hat die Bahn aber noch immer keinen Auftragnehmer für den Tiefbahnhofstrog nebst Nesenbachdüker und für die Tunnels nach Feuerbach und Bad Cannstatt präsentiert. Und: erst nach der Vergabe beginnt die Ausführungsplanung, die in der Regel mehrere Monate in Anspruch nimmt.“

Weiter berichtet die StZ, dass es auch für den Bau des Technikgebäudes unter dem Kurt-Georg-Kiesinger Platz - für den beginnend am 13. August (sic!) 2010 der Nordflügel des denkmalgeschützten Bonatzbaus ganz dringend fallen und die dortigen Bäume ganz dringend gefällt/„verpflanzt“ werden mussten - keinen Auftragnehmer gibt, der sich den damit verbundenen immensen Risiken aussetzen möchte (die Bahn übrigens auch nicht). Und das gilt vermutlich auch für Nesenbachdüker & Co. Über die für das Projekt notwendigen Umbauten im Bereich der Stadtbahnhaltestellen Heilbronner Straße und Staatsgalerie , die im April beginnen sollten, wird derweil gestritten: „Der ursprünglich für den 14. Februar angesetzte Termin für eine Diskussion des Vertrages im SSB-Aufsichtsrat ist daher auf unbestimmte Zeit verschoben worden.“

Damit nicht genug. Statt Grundwassermanagement herrscht Grundwasserchaos. Quasi im Vierteljahresrhythmus wird die nötige Entnahmemenge nach oben „korrigiert“ und eingereichte Anträge werden zurückgezogen, bevor sie überhaupt bearbeitet werden können:

„Wie viel zusätzliches Wasser tatsächlich abgepumpt werden muss, wie lange der Bau der zweiten Abpumpzentrale dauert und wann diese Anlage – Voraussetzungen für die vorgesehenen Tiefbauarbeiten im Schlossgarten – in Betrieb gehen kann, konnten bisher weder die Stadt Stuttgart noch die Landesregierung bei der Bahn in Erfahrung bringen. Das Staatsministerium wollte zu dem Thema auf Anfrage keinen Kommentar abgeben, und das Stuttgart-21-Kommunikationsbüro sah sich im Lauf des gestrigen Tages nicht in der Lage, eine Anfrage der StZ zu beantworten.“

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-der-zeitplan-droht-zu-scheitern.1b4d3eb3-0a5b-4a27-a515-1ef17cfa67da.html

Das hindert die bestinformierten Intelligenzbestien von der SPD allerdings nicht, nach nicht vorhandenen Motiven für die nicht vorhandene Regierungssabotage des bestgeplanten Jahrmillionenprojektes zu suchen. Und tatsächlich findet man den dümmstmöglichen Grund, den man sich denken kann:

„...taktische Überlegungen zur Stuttgarter OB-Wahl im Herbst. Die Grünen wollten ihrer Klientel glauben machen, dass der Tiefbahnhof doch noch irgendwie zu verhindern sei. „Die verschleppen das Thema in den Oktober, damit doch noch ein Kritiker von Stuttgart 21 antreten kann“, heißt es in der SPD.“ O sancta simplicitas! Die glauben doch tatsächlich, der Stuttgarter Widerstand sei genauso blöd, wie man selbst – was schon deshalb nicht sein kann, weil man sich dann ja nicht im Widerstand gegen den Jahrhundert-Schwachsinn befinden würde.

Also, falls es in der hiesigen SPD jemanden geben sollte, der des Schreibens mächtig sein sollte, dies zum Mitschreiben: Nur die CDU selbst kann noch verhindern, dass im Herbst ein CDUler OB von Stuttgart wird. Und falls es doch der soeben in den Ring getretene Fritz Kuhn machen sollte, dann weil er Fritz Kuhn ist und nicht, weil er ein Grüner oder gar ein profilierter Kritiker von S21 wäre: „Bei den jüngsten Auseinandersetzungen über das umstrittene Milliardenprojekt hat Kuhn ... keine Rolle gespielt.“ Und wenn er es nicht machen sollte, dann liegt das mit Sicherheit nicht am Stuttgarter Widerstand, sondern an der Wiederaufnahme tradierter rotbrauner Sabotageakte gegen die Grünen, wie sie hier schon einmal wieder aufgefrischt werden.

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.streit-um-stuttgart-21-spd-wirft-gruenen-doppeltes-spiel-vor.2abbd5db-dc44-4c50-ac6e-8a8cc22a389a.html

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgarter-oberbuergermeisterwahl-kuhn-ist-zur-kandidatur-bereit.fa004478-c442-4fff-ad4e-ece6fb7b72d2.html

Das Motiv dieser ganzen Heckenschützerei darf man denn auch ganz wo anders vermuten: es sollen jetzt endlich „Fakten“ geschaffen werden. Auf Deutsch: jetzt soll Stuttgart endlich ein für allemal verwüstet werden. Und zwar rucki-zucki! Ist schließlich Karneval und Suff-Saison. Zwar hat der furchtbar promovierte Jurist Schmid es in Kooperation mit Häußler-Fan Stickelberger offenbar verstanden, eine verfassungsrechtliche Überprüfung der vermutlich verfassungswidrigen Mischfinanzierung zu verhindern. Das aber scheint den internen Maulern offenbar noch nicht kriminell genug zu sein. Verfassungsbruch ist doch bloß eine Petitesse! Siehe Mappus/ENBW. Nein, wenn man schon endlich an der Macht ist, dann soll es, bitte sehr, auch ein richtig krimineller Ritt über den Bodensee sein.

Wie das Eisenbahnbundesamt will man anstehende Gerichtsurteile offenbar dadurch unterlaufen, dass man vorher mal so richtig „Fakten“ schafft. Und wenn die Stadt erst einmal verwüstet ist, kümmert es niemanden mehr, ob die Polizei wieder mal kriminelles Handeln geschützt hat. Dann will man den Schandfleck nur noch so schnell wie möglich geflickt haben. Und dann heißt es „Bahn frei!“ für alle denkbaren Schweinereien der Bahn.

Darum geht es. Und um die ganz billige Rache am Stuttgarter Bürgertum, das diese unsägliche Partei so lange verschmäht hat – weil es genau das befürchtete, was jetzt passiert, den Ausbruch übelsten Spießertums.

Wu(l)ff, Wu(l)ff!

Update:

Der VGH Baden-Württemberg hat sich offenbar inzwischen vom Schock des Machtwechsels in BW erholt, ist in die bewährten Pfade deutscher Mainstream-Justiz zurückgekehrt und hat seinen Lapsus von neulich korrigiert: Sägen dürfen kreischen für den Sieg! Na also, geht doch, "S"PD.

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.baumfaellarbeiten-fuer-stuttgart-21-bahn-nimmt-weitere-huerde.b403c580-d8b4-45e0-a513-8a9c9ae427a4.html

Ergänzendes Material

1. Briefwechsel mit MP Kretschmann:
www.bei-abriss-aufstand.de/2011/12/30/offener-brief-an-kretschmann-zum-neuen-jahr/

www.kontextwochenzeitung.de/fileadmin/user_upload/2012/2/01022012/Offener_Brief_von_Kretschmann_an_Parkschuetzer.pdf

www.wikireal.org/w/images/e/ed/2012-02-02_Engelhardt%2C_Entgegnung_auf_offenen_Brief_Kretschmann.pdf

www.bei-abriss-aufstand.de/2012/02/03/offene-antwort-an-mp-kretschmann/

Und dazu noch eine Peinlichkeit in „Grün“:
www.a-seidler.de/2011/offener-brief-zu-s21-an-mp-kretschmann/

2. Boris Palmers Gehversuche als politischer „Trauer“-Begleiter (Dank an mcmac!):
https://www.facebook.com/ob.boris.palmer/posts/338225316217007

3. 109te Montagsdemo als Video:
www.fluegel.tv/beitrag/3702

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Geschrieben von

seriousguy47

Anglophiler Pensionär und Flüchtlingsbetreuer aus Stuttgart.

Wehrdienst, Studium ( Anglistik, Amerikanistik, Empirische Kulturwissenschaft, Sozialpädagogik) , Praktikum ( Primärtherapie), Lehramt, Flüchtlingsbetreuung

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