Austrofeminismus

Zeitschriftenschau Literatur

Im französischen Wahlkampf hatte die Zeitschrift Emma erst für Ségolène Royal geschwärmt, weil sie eine Frau ist. Nach der Wahl lobte sie dann den rechten Scharfmacher Sarkozy für seine besonnene Ausländerpolitik, weil er mit Rachida Dati eine Frau mit maghrebinischem Migrationshintergrund zur Justizministerin gemacht hatte. Solch plumpen Geschlechterjournalismus wird man in der Zeitschrift an.schläge nicht finden. Denn das feministische Magazin aus Wien ist nicht nur durch seine monatliche Erscheinungsweise im deutschsprachigen Raum einmalig. Auch inhaltlich scheint die Verknüpfung feministischer und linker Standpunkte mittlerweile relativ einzigartig.

Ob in der Berichterstattung zu den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm, zur Anti-Abtreibungspolitik in Nicaragua oder der deutschen und österreichischen Asyl- und Gesundheitspolitik, immer wird - im feministischen Sinne - parteiisch Stellung bezogen. Eine Errungenschaft der achtziger Jahre, als alternative Medien der proklamierten Objektivität des Mainstreams ausdrücklich subjektive Standpunkte entgegensetzten. Als Relikt aus den Tagen ihrer Gründung vor 25 Jahren erscheint auch die Autorinnenpolitik: Die an.schläge werden ausschließlich von Frauen gemacht. Selbst Bücher oder Platten werden in der Regel nur besprochen, wenn sie von Frauen geschrieben, herausgegeben beziehungsweise bespielt worden sind.

Eine konsequente Blattlinie, die auf die nach wie vor ungleiche Repräsentation von Männern und Frauen auch in linken Medien reagiert. In Zeiten allerdings, in denen aus Frauenforschung längst Geschlechterforschung geworden ist und allerorten an der "Auflösung von Dualismen" gearbeitet wird, mag das vielleicht etwas old school wirken. Die an.schläge allerdings sind alles andere als antiquiert. Anders als in Emma werden aktuelle Debatten der Gender-Forschung hier nicht ignoriert oder als unverständlich verhöhnt, sondern aktiv gefördert. Neue Erkenntnisse aus der Queer Theory haben hier ebenso ihren festen Platz wie die Glossen aus der lesbischen Lebenswelt.

Neben der Parteinahme sind es also auch die Themen, die häufig quer zur sonstigen Berichterstattung liegen. Zwar kommentieren die an.schläge regelmäßig die österreichische Innenpolitik oder widmen sich, wie andere auch, im Kulturteil den aktuellen Ausstellungen zeitgenössischer Kunst von Frauen. Artikel über die Frauenbewegung im Südkaukasus wie in der Februar-Ausgabe oder über lesbische Pornografie im Januar-Heft wird man in herkömmlichen Nachrichtenmagazinen wohl vergeblich suchen.

Die an.schläge werden von einem Kollektiv und zwei festen Redakteurinnen betrieben. Seit knapp zwei Jahren machen diese nicht nur klassische redaktionelle Arbeit. Sie kümmern sich auch um finanzielle Zuschüsse. Denn wie jedes linke Projekt schwimmen auch die an.schläge nicht im Geld. Obwohl sie so prominente Abonnentinnen wie die österreichische Frauenministerin Doris Bures oder die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zu den Ihren zählen können, kämpfen sie doch um jede neue Bestellung. "Das ist manchmal etwas mühsam", kommentiert Redakteurin Lea Susemichel das bekannte Grundproblem links-alternativer Publikationen.

Zur Steigerung des Bekanntheitsgerades hat, zumindest in Österreich, auch ein anderes Medium beigetragen: Seit zwei Jahren machen die an.schläge-Frauen auch Fernsehen. Alle zwei Monate wird an.schläge-TV, eine halbstündige Sendung, auf dem Wiener Kanal Okto ausgestrahlt. Darin werden ähnliche Themen verhandelt wie im Heft, aber auch medienspezifische Herangehensweisen erprobt. So gab es eine Reihe von Interviews mit feministischen Filmtheoretikerinnen. Und über mehrere Sendungen verteilt wurden Performances des bolivianischen Frauenkollektivs Mujeres Creando gezeigt, auch das erstmalig im deutschsprachigen Raum.

Feministische Medien, das ist auch der Gegenstand eines Sammelbandes, den die an.schläge im Herbst anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Zeitschrift im Ulrike Helmer Verlag herausgeben werden. Zeitgleich wird in Wien ein Symposium zum Thema stattfinden. Dass der journalistische Gegenwartsfeminismus nur Emma überlassen würde, lässt sich angesichts dieses Programms also nicht behaupten.

www.anschlaege.at

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