Fremd zieh ich wieder aus

Literaturlegende In „Stadt der Engel“ verweigert sich Christa Wolf den einfachen Antworten und schafft ein großes Buch des Abschieds
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Vorweg muss ich ein Geständnis machen: Ich habe der Lektüre des neuen Buches von Christa Wolf mit einer gewissen Besorgnis, mit beinahe banger Erwartung entgegengesehen. Denn Christa-Wolf-Lektüre ist in den vergangenen fünf Jahrzehnten ein Teil meines Lebens geworden. Sie war Distanz-Ermöglichung, Lebens-Weiterung gegen die Enge der DDR. Christa Wolfs Melancholie, ihre gelegentlich elegische Larmoyanz wirkte durchaus befreiend gegenüber dem verordneten Optimismus, der auf uns so schwer lastete. Ihre leise, beharrliche, demütige Wahrhaftigkeit war Einspruch und Widerspruch gegen das System der Lüge und ideologischen Verkommenheit. All das machte Christa Wolfs Bücher so wichtig – für viele Leser in der DDR. Ist das jetzt noch nötig