Erfolgloser Kampf gegen Kinderpornografie

Netzpolitik Internes BKA-Papier enthüllt: Bislang wurde unzureichend mit Jugendschutzpartnern kooperiert. Die wollen jetzt sogar ohne das Bundeskriminalamt auskommen

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat bis vor kurzem offenbar ineffizient gegen Kinderpornografie gekämpft. Das geht aus einem internen Papier vor, das dem AK Zensur vorliegt - einem Arbeitskreis, der sich dafür einsetzt, Kinderpornoseiten zu löschen statt sie zu sperren. Nun will das BKA intensiver mit den deutschen Beschwerdestellen zusammenarbeiten, um Kinderpornoseiten schneller löschen zu lassen.

Das sogenannte „Harmonisierungspapier zum zukünftigen Umgang mit Hinweisen auf kinderpornografische Webseiten“ zeigt, dass es tatsächlich Nachholbedarf gibt. Denn mit den Partnern, der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM), dem Verband der deutschen Internetwirtschaft eco und jugendschutz.net hat sich das BKA bisher unterschiedlich abgestimmt. Das hat laut dem Papier vor allem den jeweiligen „Zeitpunkt der Übermittlung“ beeinflusst, also die Zeit, die vergeht, bis die Internetprovider im Ausland darauf hingewiesen werden, dass sich auf ihren Seiten Kinderpornografie befindet. Diese Provider löschen die Seiten, BKA und Co. leiten Beschwerden von Nutzern nur weiter.

Nun soll die Zusammenarbeit also vereinheitlicht werden. Alvar Freude vom AK Zensur begrüßt das. Aber: „Was jetzt beschlossen wird, ist gut und richtig, kommt aber viel zu spät.“ Freude sagt, dass es doch eigentlich bereits seit dem Jahr 2007 Standard sein müsste, als die Zusammenarbeit zwischen BKA und den Beschwerdestellen beschlossen wurde.
Auf Anfrage des Freitag lehnt Barbara Hübner, Pressesprecherin vom BKA, jeglichen Kommentar zu dem Papier ab: Zu einem internen Dokument gebe man keine Auskunft. Der Präsident des BKA, Jörg Ziercke, sagte jedoch im Gespräch mit der Welt, dass die Kooperationsvereinbarung mit den Partnern erweitert und erneuert werde.

Und Ziercke wiederholte darin auch eine Forderung, für die das BKA zuletzt viel kritisiert wurde, unter anderem von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): Das BKA will Internetseiten mit Kinderpornografie sperren lassen – um sie dann später zu löschen. Zu viele Kinderpornoseiten seien eine Woche nach Meldung noch online, bemängelt Ziercke. Stoppschilder im Netz hingegen würden die Erreichbarkeit von Webseiten stören. Denn schließlich gelänge es selbst dem internationalen Dachverband der Beschwerdestellen, Inhope, nicht, eine höhere Löschungsquote bei den Providern zu erreichen. Eine gewagte These, legt man die Verbesserungsmöglichkeiten in der eigenen Behörde zu Grunde, die das Harmonisierungspapier zeigt. Hätte man nicht vielleicht schneller löschen können, wenn BKA und die Beschwerdestellen zusammengearbeitet hätten? Die Pressestelle schweigt dazu.

Und jetzt wird auch noch der Kooperationspartner eco aufmüpfig: „Wir sind schneller als das BKA“, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Oliver Süme am Mittwoch. Und forderte gleich im Anschluss, die Beschwerden bei eco zu bündeln, ohne den langen Dienstweg über das BKA zu nehmen. Dem Branchenverband sei es im letzten Halbjahr gelungen, den Großteil der bei ihnen gemeldeten Seiten binnen einer Woche zu löschen.

Dem Freitag gegenüber kündigte das BKA eine Pressemitteilung mit einer Stellungnahme zu den Vorwürfen von eco an. Bisher ist diese jedoch noch nicht erschienen, offenbar besteht noch Klärungsbedarf zwischen den Partnern. Dass sie sich zusammensetzen, ist schon ein gutes Zeichen. Trotzdem müssen bestehende Probleme ehrlich kommuniziert werden. Ohne Ausreden.

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Geschrieben von

Jonas Jansen

Hat früher öfter für den Freitag geschrieben. Leider ist durch den Relaunch das meiste verschwunden. Freier Wirtschaftsjournalist.

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