Monopol auf Menschenbewertung

Datenschutz Das Problem mit der Schufa ist ihre Macht über unseren Alltag. Sollte sie aber künftig Informationen aus Sozialen Netzwerken verwenden, wäre das humaner als bisher

Die Schufa möchte gemeinsam mit dem Hasso-Plattner-Institut Technologien entwickeln, um Daten aus Sozialen Netzwerken in ihre Auswertung der Kreditwürdigkeit von Personen einzubeziehen. Die Reaktionen sind, wie es zu erwarten war: Viel relativ unreflektierte Panikmache.

Die Schufa sammelt Daten über Menschen, um eine Schätzung abzugeben, ob diese Menschen kreditwürdig sind. Das tut sie seit 1952. Diese Dienstleistung ist nützlich und manchmal sogar essenziell für viele Firmen, die sonst nicht in der Lage wären ihre Risiken um Umgang mit ihren Kunden einzuschätzen. Auch werden Menschen über diesen Mechanismus unter Umständen vor einer immer weiter eskalierenden Überschuldung geschützt.

Fast jeder Mensch in Deutschland hat über kurz oder lang nen Punktewert bei der Schufa. Aber wo ist der Unterschied zwischen Schufa-Punktzahl und einer Bewertung meiner Kontakte, die ich in mein Adressbuch eintrage? Der Schufa-Wert beeinflusst die Welt ganz nachhaltig.

Mit einem schlechten Schufa-Wert bekommt man keinen Kredit, keine Mietwohnung und gegebenenfalls keinen ordentlichen Handyvertrag. Die Zahl, die die Schufa hat, hat Macht. Ne Menge Macht sogar: Der Berater oder die Beraterin bei einer Bank, die über eine Kreditanfrage entscheidet, geht ein großes Risiko ein, wenn er oder sie sich gegen die Schufa-Empfehlung entscheidet. Der Einwand "Aber er hatte doch so nen guten Job" machts auch nicht kuscheliger - wenn man seinen Job bei der Bank verloren hat.


Monopol auf Menschenbewertung

Schon bisher arbeitet die Schufa mit öffentlichen Daten. Sie schätzt Bezirke und Straßen ein und sortiert die Einwohner entsprechend. Die Kategorisierung anhand solcher Daten ist aber wahnsinnig ungenau. Weil sie keine konkreten Daten hat, muss sie Annahmen machen, die Menschen oft schlechte Werte geben, weil die "in einer schlechten Gegend" wohnen. Wenn man dann noch hinzuzieht, dass die Schufa immer wieder Probleme hat, Menschen gleichen Namens auseinanderzuhalten ergibt sich eine nicht besonders hohe Qualität oder Fairness der Zahl: "Meine" Bewertung folgt nur zum Teil aus meinen Handlungen. Das wäre mir egal, wenn der Punktewert nicht so massive Konsequenzen für mein Leben hätte.

Wenn die Schufa ihre Bewertung nun klarer auf die Einzelperson stützen möchte, ist das zu begrüßen, denn es ist deutlich humaner. Die andere Alternative wäre, weiterhin anhand von Daten beurteilt zu werden, auf die man kaum Einfluss hat und die mit mir als Individuum nichts zu tun haben.

Der Skandal besteht also nicht darin, dass die Schufa öffentlich zugängliche Daten aus Sozialen Netzwerken verwenden will. Er besteht vielmehr darin, dass diese eine Organsation eine Zahl auswürfelt, die massiven Einfluss auf das Leben eines Menschen hat. Obwohl es natürlich noch andere Auskunfteien in Deutschland gibt, hat die Schufa heute ein De-facto-Monopol auf intransparente Menschenbewertung. Anstatt sich schwammig über die Datensammlwut der Schufa zu echauffieren, wäre es viel wirksamer, dieses Monopol zu zerschlagen.

Jürgen Geuter ist Mitglied des datenschutzkritischen Autorenkollektivs Spackeria. Er bloggt unter dem Nutzernamen tante.

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