Ja, auch eine Feministin kann Männer ganz schön lieben. Mehr noch: eine Studie der University of Houston hat herausgefunden: „Contrary to popular beliefs, feminists reported lower levels of hostility toward men than did nonfeminists.” Ha! Feministinnen wie Jessica Valenti, ‚Stadtpiratin‘ Eva Ricarda und die Mädchenmannschaft freut so eine Bestätigung natürlich sehr! Denn die Vorurteile gegenüber feministisch eingestellten Menschen sind gerade in Bezug auf Männerfeindlichkeit unerschöpflich. Das "Feindbild Mann" als ewiger und nicht überwindbarer Bestandteil wird dem Feminismus bis heute in jeder einzelnen Debatte immer wieder unterstellt – nicht darauf achtend, dass es gerade FeministInnen waren und sind, die sich v
Kultur : Wir mögen Männer!
Angeblich verachten und hassen Feministinnen Männer. Genau das Gegenteil ist der Fall: Die wahren Männerfeindinnen verstecken sich in guten alten Geschlechterstereotypen
Von
Katrin Rönicke
feindlichkeit unerschöpflich. Das "Feindbild Mann" als ewiger und nicht überwindbarer Bestandteil wird dem Feminismus bis heute in jeder einzelnen Debatte immer wieder unterstellt – nicht darauf achtend, dass es gerade FeministInnen waren und sind, die sich vehement gegen Geschlechtsrollen-Stereotype stellen und damit gegen jegliche Deklassierung von Menschen qua Geschlecht. Tatsächlich finden sich männerfeindliche Tendenzen vor allem in Köpfen und Denkmustern, die von traditionellen Männerbildern geprägt sind: Der aggressive, testosterongesteuerte Mann, der wenig einfühlsam oder zärtlich ist etc..Ein schönes Beispiel ist das Buch 111 Gründe, Männer zu lieben, das mir vor einiger Zeit in die Hände kam (ich hatte es zur Besprechung beim Verlag Schwarzkopf bestellt) und mit dem ich seit Monaten hadere, was daraus zu machen sei. Der Titel und die Werbung dafür hatten meine Aufmerksamkeit erregt, denn mir ist es immer wichtig, als Feministin nicht einseitig gegen ein Feindbild Mann zu kämpfen, sondern zur Überwindung des Kampfes der Geschlechter einen Beitrag zu leisten. Denn leider leben wir immer noch in einer Gesellschaft, die sich an der Geschlechter-Kategorie spaltet wie eh und je: Starke Normierung von Geschlechterrollen und Geschlechtscharakteren und daraus resultierende strukturelle Unterschiede und Nachteile bleiben ein umkämpftes Dauerthema.Autor und Männerforscher Walter Hollstein geht in seinem Buch Was vom Manne übrig blieb sogar so weit, zu behaupten, der Grund, warum 2/3 aller Scheidungen von Frauen eingereicht würden sei der, dass es in den meisten Ehen immer noch kein Zusammen der Geschlechter gäbe und keine gerechte und gleichwürdige Aufteilung von (reproduktionsbedingter und anderer) Arbeit. Hollstein - ein Männerforscher, der den deutschen Feminismus der letzten 20 bis 30 Jahre sicherlich zu Recht auch scharf angreift - sieht in alten Geschlechterstereotypen die Ursache für unnötige Kämpfe zwischen den Geschlechtern und für eine Krise „der Männer“.Zurück zu den 111 Gründen, Männer zu „lieben“: Die Kapitel-Übersicht am Anfang des Buches ließ mich ratlos dastehen, das vereinzelte Reinlesen in manche Kapitel zu der Überzeugung kommen, dass es besser für die Welt sei, so ein Buch einfach zu ignorieren. Doch es kann demonstrieren, wie männerfeindlich scheinbar „männerliebende“ Autorinnen wie Victoria B. Robinson sein können, wenn sie einfach unreflektiert ganz tief in die Klischeeschublade greifen. In Kapitel 1, in dem es um den Mann als „Lover“ geht, klingt es nett und lieb, warum wir die Männer lieben sollten: „Weil Männer nach Mann riechen“ (aha), „Weil Männer unsere Muschi mehr lieben, als wir selbst“ (soso – na wenn das mal kein Grund ist!), „weil Männer falsche Brüste und Haare nicht von den natürlichen unterscheiden können“ (Hä?) und als krönender Abschluss: „Weil Männer sich total lächerlich machen, um uns ins Bett zu kriegen.“ Sehr liebenswert - nicht wahr?Die detailierten Ausführungen sind entsprechend „nett“: Ausflüge in die persönlichen Erfahrungen der Autorin, welche männliches Verhalten schlicht und ergreifend als lächerlich darstellen und dann mit Zitaten enden wie: „Männliche Dummheit bereitet mir größtes Vergnügen. Gott sei Dank ist das eine schier unerschöpfliche Quelle der Unterhaltung.“ (Marc Wortley Montagu)Nein, ich habe dieses Buch nicht komplett gelesen und muss es auch nicht. Sicherlich stehen auch tatsächlich „liebe“-volle Würdigungen des männlichen Geschlechts und Verhaltens darin. Doch Gründe, Männer zu „lieben“ wie „Weil Männer Beziehungskrisen gar nicht mitbekommen“ oder „Weil Männer uns den Hintern versohlen“ oder „Weil Männer lieber uns entscheiden lassen“ sind wirklich alles andere als liebevoll, anerkennend oder einladend, dieses Buch zu lesen und auch noch zu würdigen.111 Gründe Männer zu lieben ist aber keine einzelne Ausnahme unter einer Fülle männerliebender Frauen und Männer, die an Geschlechtsstereotype glauben: MännerrechtlerInnen kritisieren scharf und zurecht, dass das Sorgerecht für Kinder in den meisten Fällen immer noch unhinterfragt den Müttern zugesprochen wird – meistens, weil diese als besser geeignet für die Kindersorge gelten – qua Geschlecht natürlich. Der Film, Der entsorgte Vater thematisiert dieses Problem und portraitiert Männer, denen es so erging. Ein Thema, das viele Gemüter stark erhitzt und vor einem Abdriften in wiederum pauschal frauenfeindliche Attitüden nicht gefeit ist. Das kriegen vor allem Frauen und Männer ab, die sich öffentlich und offen feministisch äußern. Doch nicht erst seit der Studie aus Houston sollte sich die Frage aufdrängen: Sind es nicht gerade Frauen wie Eva Herman, die in „Eva Prinzip“ auf 263 Seiten darlegte, warum Frauen die besseren Eltern sind, die es Männern erschweren als gleichwürdige Partner anerkannt zu werden?