Henkels Großveranstaltungen und eine Tagung

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Zu Hans-Olaf Henkel gibt es jetzt auf den Nachdenk-Seiten zwei gut recherchierte Artikel. Es ist wichtig, dass Henkel ein wenig in den kritischen Fokus gerät, da er jetzt in der letzten Oktober-Hälfte gleich drei Großveranstaltungen abhalten wird: in Münster am 22.10., in Hamburg am 28. und in Berlin am 29.10. Der Focus sieht eine eurokritische Partei bei 37% der Wählerstimmen und Henkel schon als "Vorsitzenden".

Eurokritik und "Direkte Demokratie"

Allerdings würde es nicht passen, Henkel unter dem Label "Eurokritik" abzuhandeln. Hierauf machte mich Thomas Wagner aufmerksam, der erst vor kurzem ein Buch herausgebracht hat mit dem Titel "Demokratie als Mogelpackung. Oder: Deutschlands sanfter Weg in den Bonapartismus". Die These von Thomas Wagner ist, dass Henkel und die Think Tanks "Konvent für Deutschland" und "Frankfurter Zukunftsrat" mit einem emanzipatorisch geladenden Begriff "Direkte Demokratie" eine emanzipatorische Handlungsfähigkeit insbesondere mittels der Partei "Die Linke" torpedieren wollen. Der Ansatz, den Henkel und co. verfolgen lässt sich mit "Bonapartismus" beschreiben und heißt soviel, wie Ausschaltung der "parlamentarischen Quasselbuden".

Henkels und Sarrazin auf einer Widerstand-Tagung

Wie der Zufall es will, entdeckte ich noch während der Lektüre des Buches gestern Nacht eine Tagung, die die Thesen von Thomas Wagner zu belegen scheinen. Am 27./28.10 - also direkt vor den beiden Henkel-Großveranstaltungen in Hamburg und Berlin - leitet Hans Herbert von Arnim in Speyer eine Tagung zum Thema "Widerstand": 13. Speyerer Demokratietagung. WIDERSTAND Die populärsten Gäste werden Henkel und Sarrazin sein. Thomas Wagner widmet Hans Herbert von Arnim gleich ein ganzes Unterkapitel "Polemik gegen den Parteienstaat". Dort heißt es:

"Da er im Deutschen Bundestag derzeit noch keine Chance sieht, 'das einfache Mehrheitswahlrecht einfzuführen', schlägt Hans Herbert von Arninm alternativ eine Strategie der kleinen Schritte vor. So soll die Machtposititon der Ministerpräsidenten der Länder gegenüber den Parlamentariern künftig durch die Direktwahl gestärkt werden. Auf diese Weise erhielten sie 'die für kraftvolles Regieren nötige demokratische Legitimation.'" (Wagner, 61f.)

Ohne die Lektüre von Thomas Wagners "Demokratie als Mogelpackung" hätte ich die Tagung in Speyer nicht verstanden, jedenfalls nicht die Kombination von solchen Leuten wie Henkel und Sarrazin mit VerfechterInnen von direktdemokratischen Ideen. Mit von der Partie sind noch der Völkerrechtsprofessor Christian Tomuschat, der sich mit seinen Gutachten zum Entschädigungsanspruch italienischer Zwangsarbeiter und zu ermordeten Gewerkschaftern bei Daimler-Benz in Argentien gelinde gesagt keine Freunde im linken Milieu gemacht hat. Gabriele Pauli wird über die "Götterdämmerung in Bayern" referieren, Henkel zum Thema "Die Euro-Rettung: ein Thema für Wut-Bürger?" Der Vorsitzende der ÖDP, Sebastian Frankenberger, der in einigen bayerischen Gaststätten Hausverbot hat aufgrund seines Volksbegehrens zum Nichtrauchen, wird beim "Dinnerspeech" seine Erfahrungen zu "Widerstand durch direkte Demokratie - aus der Sicht eines Aktivisten" kund tun. Am nächsten Morgen wird Thilo Sarrazin, der wie kein anderer das Bild eines trockenen korrekten Zahlenmenschen verkörpert, zum Widerstand gegen das Korrekte aufrufen - gegen das politisch Korrekte:

"But what happens today to Europeans who suggest that there are differences among ethnic groups, or that the traditional social roles of men and women reflect their different natures, or that homosexuality is morally wrong? If they are public figures, they must grovel in the dirt in endless, canting apologies. If they are university students, they face star chamber courts and possible expulsion. If they are employees of private corporations, they may face loss of their jobs. What was their crime? Contradicting the new EUSSR ideology of “Political Correctness."

Nein, Entschuldigung, das war nicht von Sarrazin. Nein, auch wenn es naheliegt, der Text ist nicht von Henkel, Henkel titelte am 3. Oktober im Handelsblatt mit der Warnung vor der EUDSSR, nicht EUSSR. Der Text ist von Breivik, dem Attentäter von Oslo, der sein Manifest "2083" mit einem langen Aufruf zum Widerstand gegen die politische Korrektheit beginnt. Was will Sarrazin da Neues schreiben? Oder liest er einfach aus Breiviks Manifest ab? Die Frage ist keineswegs rhetorisch gemeint. Was gibt es nach Breivik noch zur "Political Correctness" zu sagen, was er nicht gesagt hätte?

Die Tagung dient der Ideologisierung von Direkter Demokratie. Und wir sollten demnächst genauer nachfragen, was unter Direkter Demokratie zu verstehen ist.

Das Buch von Thomas Wagner wird helfen, genauer hinzusehen.

Hier der Link zum Buch: www.papyrossa.de/sites_buchtitel/wagner_demokratie.htm

Und hier weitere Infos zu den Henkel-Veranstaltungen: Soziales Wiki: Henkel-Veranstaltung in Münster

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Kemper

Ich arbeite als Soziologe kritisch zu Klassismus, Organisiertem Antifeminismus und die AfD

Andreas Kemper

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