Regressive Religionskritik

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An Streifzugs Religion ist Regress

Wenn man Religion als Glauben an ungedeckte Hoffnungen auf die Zukunft interpretieren will, dann war auch die Hoffnung auf eine kommunistische Gesellschaft der blanke Regress.

Als ich – in den fünfziger Jahren – als katholisches Kind in der Schule in Leipzig manchmal von Lehrern diskriminiert und von einigen auch verspottet wurde, konnte ich nicht finden, dass die Spötter mehr Wissen oder mehr Weisheit in sich hatten als der freundliche Gemeindepfarrer.

Ich weiß noch, dass der Klassenlehrer, der mir - widerwillig den Vereinbarungen zwischen Staat und Kirche folgend – zu Fronleichnam freigeben musste, sich dafür mit blöden Sprüchen an mir rächte. Über die Dummheit des Glaubens, darüber, dass erst die Schule käme und dann wieder die Schule und dann lange, lange nichts...und dann ... vielleicht die Religion.

Der Gemeindepfarrer hingegen war nicht nur meiner Mutter, sondern vielen Mitgliedern der Gemeinde - in der Nazizeit und später zu DDR-Zeiten – eine Hilfe, ein Tröster und väterlicher Freund. Er blieb es auch dann noch, als ich – später als Studentin – ihm lange Vorträge hielt über das Christentum und seine verheerenden Spuren durch die Jahrhunderte. Er nahm das ernst, aber er blieb auch sich selbst treu.

Ich bin nicht katholisch geblieben, ich entsetze mich über religiösen Missbrauch, aber ich kann so allgemeinen albernen Spott nicht beobachten ohne an die alten Genossen zu denken, die selbst immer blöder und unduldsamer wurden, je mehr ihr eigener „Glauben“ ins Wanken geriet und großspurig meinten, in 50 Jahren gibt es keine Kirchen mehr in der DDR. So einfach ist das alles nicht.

Bestimmte Formen von Religionskritik sind in gleicher Weise regressiv wie das Objekt ihrer unqualifizierten Beschimpfung. Religiöse Gefühle grundlos zu verletzen ist albern und infantil.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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