Schade eigentlich, dass man das Wort schade nicht steigern kann. Dann wäre so mancher Kommentatorin in diesen Tagen sprachlich etwas geholfen, ihr Bedauern adäquat zum Ausdruck zu bringen. Ein Bedauern in höchst feministischer Sache, die per Definition ja eine ehrenwerte ist. Kurz: Margot Käßmann hat als Frauenspeerspitze der religiös-kirchlichen Macht versagt, da sie zurückgetreten ist, weil sie sich nach einer schwer alkoholisierten Autofahrt nicht mehr als glaubwürdige moralische Autorität sehen konnte.
Tja, das wäre dann einem Mann nicht passiert, schon richtig. Denn der hätte ja nicht auf sein Herz gehört wie Käßmann, sondern auf seinen "Kopf", der laut Alice Schwarzer für Entscheidungen dieser Art zuständig sein sollte. Wie Recht sie da doch hat, das wusste auch schon Heinrich von Kleist, der seine Protagonisten gerne folgendermaßen agieren ließ: Erst den Ladies durchs Herz schießen, dann sich selbst in den Kopf - dorthin, wo sich die Geschlechter relevanten Körperteile befinden.
Klischeebeladener könnte der vermeintlich feministische Diskurs im Fall Käßmann nicht laufen. Ist aber auch kein Wunder, schließlich handelt es sich um einen künstlichen. Einen wirklichen Forschritt wird diese Gesellschaft erst erreicht haben, wenn Frauen in (journalistischen) Führungspositionen (taz, Emma) nicht jedes Frausein vorrangig zum Thema machten und der Gleichberechtigung so am meisten schaden würden.
In Wirklichkeit ist eine Frau in einer exponierten und mit Macht verbundenen gesellschaftlichen Stellung doch nur dann ein zeitgemäßes Vorbild, wenn sie sich nicht an tradierten, aus dem Patriarchat stammenden Rollenbildern orientiert, sich also wie ein "Mann" verhält und - in diesem Fall - die einmal erreichte Macht aus keinem Grund der Welt freiwillig abgibt. Was leider immer noch passiert, wenn sie es heutzutage nicht tut, kann man derzeit überall nachlesen: Die Frau sei wiedermal Opfer. Und zwar der bösen Männer, in diesem Fall der Kirche.