Populismus: Parteigründungsaufruf für "Die Freiheit"

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Qualvoll eng war es heute Vormittag bei der eilig zusammengerufenen und bemerkenswert unprofessionellen Pressekonferenz in einem Hinterzimmer, von dem die neue „Befreiungsbewegung“ (Aaron Koenig) ausgehen soll, um das, was im „Volk rumort“ (Marc Doll), zu sammeln und zu seinem Ausdruck zu verhelfen. Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte dem ehemaligen CDU-Mitglied René Stadtkewitz und seinen beiden Kombattanten die Räume verweigert, wahrscheinlich, weil ruchbar wurde, dass dort eine Parteigründung angekündigt werden sollte, deren Namen „Die Freiheit“ zumindest begrifflich an die österreichischen „Freiheitlichen“ des Jörg Haider und die „Partei der Freiheit“ des niederländischen Populisten Geert Wilders erinnert.

Initiator ist der ehemalige CDU-Abgeordnete René Stadtewitz, der im November aus der Partei ausgetreten ist und nun auch aus der Fraktion rausgeworfen wurde. Er hatte vor zwei Jahren den Bürgerprotest, der sich in seinem Heimatbezirk Pankow gegen den Bau einer Moschee zusammengetan hatte, angeführt, und sich kürzlich mit der Einladung Geert Wilders im Oktober nach Berlin exponiert.

Mit von der Partie ist der Privatschullehrer Marc Doll, dessen „sicherheitspolitischen Vorschläge“ in der Berliner CDU „systematisch zensiert“ (Doll) worden seien und der bei der Gelegenheit seinen Rücktritt von allen Ämtern verkündete, und Aaron Koenig, der bis Mai noch dem Bundesvorstand der Piratenpartei angehörte. Stadtewitz und Co. versichern, sich gegen Rechtsradikale oder die radikalen Islamkritiker von „Pro Berlin“ abgrenzen zu wollen und suchen nun finanzkräftige Unterstützer, um bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 antreten zu können.

Folgend eine kleine Dokumentation von Statements des Gründungstrios auf der heutigen Pressekonferenz (Kürzel in Klammern: RSt/René Stadtkewitz; MD/Marc Doll; AK/Aaron Koenig)

„Die Freiheit“ und das Verhältnis zu Rechtsradikalismus und Populismus:

Das freie offene Wort ist unverzichtbar. Die Hetzjagd auf Dr. Thilo Sarrazin ist ein fatales Zeichen, wie es mit der Demokratie und der Freiheit in unserem Land bestellt ist. ... Das Volk will dies aber nicht. Es hat seine eigenen Erfahrungen gemacht und braucht den erhobenen Zeigefinger der Politik nicht.... Wir wollen uns nicht von der so genannten „political correctness“ einengen lassen. (RSt)

Wir ordnen uns nicht in das klassische rechts-links-Schema ein. Ich sehe viele Leute, die von der CDU und der FDP tief enttäuscht sind, das ist, zusammen mit den Nichtwählern, unsere Hauptzielgruppe. (AK)

Wir sind kein Ableger der Wilders-Partei. Aber es wird sicherlich Dinge geben, die sich auch für uns als politische Lösungsvorschläge anbieten. ... Geert Wilders hat meine Einladung angenommen und wird sehr gerne kommen. (RSt)

Es ist völlig unprofessionell, uns mit Leuten wie Geert Wilders zusammen zu bringen. ... Es wird nicht so leicht sein, bei uns Mitglied zu werden, wer werden alle Namen googeln und sehr strenge Abgrenzung gegen Rechte betreiben. (AK)

Die politische Klasse hat sich verselbständigt und über das Volk erhoben. Es ist die Umkehrung der Demokratie und wurde von der Bevölkerung hingenommen, weil es keine Wahlalternative gab. (MD)

Die Kluft zwischen Politikerin und Volk klafft, weil die Parteien ihren Job nicht mehr machen. Unser Land wird nur noch von Lobbyismus und Opportunismus regiert. Wir wollen den Willen des Volkes umsetzen. (AK)

„Wir sind keine rechte Populisten. „Abendland in Christenhand“ werden Sie von uns nicht hören.“ (MD)

Ordnungspolitik:

Vor vier- oder fünfhundert Jahren zogen marodierende Banden wütend durch die Lande und erst langsam garantierte der Staat die innere Sicherheit. Daran sieht man, dass Sicherheit und Freiheit einander bedingen. Diese Aufgabe des Staates und die marodierenden Banden sind uns bis heute erhalten geblieben. Die linksextremen Straftaten sind im letzten Jahr um 100 Prozent gestiegen, die linksextremen Gewaltstraftaten sogar verdreifacht. Selbst wenn ein Brandstifter in flagranti erwischt wird, ist es ganz schwer, ihn zu verurteilen.Selbst bei schweren Verbrechen kommen die Täter mit lächerlichen Strafen davon. (MD)

Die Gewalt gegen Rentner steigt jährlich, die trauen sich nicht mehr auf die Straße und leben in unfreiwilligem Hausarrest. Wenn ein Richter einen Täter laufen lässt, der dann wieder Straftaten begehen kann, hat der Richter sozusagen wieder einen Rentner eingesperrt. ... Also, einen solchen Mehrfachtäter können wir in Sicherheitsverwahrung nehmen. (MD)

Verhältnis zum Islam/Vorstellungen zur Migrationspolitik

Ich war immer politisch interessiert, fand Parteien aber nie besonders sexy. Ich sehe mich als klassischen Liberalen, dem die Freiheit über alles geht und habe mich deshalb auch immer mit politischem Islam beschäftigt und ihn in meinem Blog als Bedrohung der Freiheit beschrieben. Das gab Probleme mit den „Piraten“. ... Vom Gefühl her würde ich sagen, es ist eine Befreiungsbewegung, die wir hier aufbauen. Wir wollen auf allen Ebenen die direkte Demokratie einführen. Auch wenn nicht jeder Bürger eine Intelligenz von 130 hat, setzen wir auf seine emotionale Intelligenz. (AK)

Ich sehe den Islam als politisches System. Wir müssen verhindern, dass es zu einer immer größer werdenden Parallelgesellschaft kommt. Wir müssen sehen, dass die Lebensauffassung vieler Menschen mit muslimischem Hintergrund nicht kompatibel mit der unsrigen ist. Die Gruppe, die sich der Integration verweigert, ist auch die, die dieser zutiefst intoleranten und zutiefst menschenverachtenden Ideologie anhängt. (RSt)

Wir werden die Lösungsansätze von Thilo Sarrazin prüfen. Zuwanderung muss neu geordnet werden. Wir brauchen eine Zuwanderung, die unser Land weiterbringt. ... Wir müssen auch Lösungen vorschlagen für die, die sich nicht integrieren wollen, das werden wir auf Dauer so nicht weitermitmachen können. ... Bei den Kriminellen würde ich auch nicht so viel Zeit verschwenden, sie zu resozialisieren.

(RSt)

Wir wünschen unseren Mitbürgern muslimischen Glaubens, dass da auch mal Aufklärung passiert. (MD)

„Es muss aber klar sein, wo die Grenzen sind und die Grenzen unserer Toleranz. Ich würde mir wünschen, wir hätten die Kraft, gerade in Schulen das Kopftuch einzudämmen.“ (RSt)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

Ulrike Baureithel

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