Flirt mit der Maschine

Ausstellung Im Berliner Georg-Kolbe-Museum ist eine Schau über "Romantische Maschinen" zu sehen. Sie räumt mit Missverständnissen auf und beschränkt sich nicht auf Gadget-Begeisterung

Die romantische Kunst hat stets ein Faible für das Motiv der Maschine gehabt. In Erzählungen wie E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann werden die Grenzen zwischen Mensch und Maschine systematisch verwischt, seither geistern Androiden, Marionetten und Automaten als schattenhafte Begleiter des krisengeschüttelten bürgerlichen Subjekts durch die moderne Kunst: Die Neuromantik der Jahrhundertwende erkannte in ihnen eine monströse Bedrohung, der Futurismus eine Erlösungshoffnung. Die sozialistische Kunst versprach sich von der selbstbewussten Aneignung der Maschinenwelt die menschheitsgeschichtliche Emanzipation, der Surrealismus erblickte im Verfahren der écriture automatique eine Erweiterung des menschlichen Bewusstseins. Wer einen Überblick über den Stellenwert von Maschinen in der ästhetischen Moderne vermitteln wollte, hätte also viel zu tun.

Die Ausstellung Romantische Maschinen im Berliner Georg-Kolbe-Museum hat glücklicherweise keinen solchen enzyklopädischen Anspruch, sondern beschränkt sich weitgehend auf Beiträge gegenwärtiger Künstler zum Topos der Maschine und der künstlich erzeugten Bewegung. Die meisten Exponate, die sich allesamt durch eine Neigung zum Spielerischen und Ironischen, manchmal auch zum Kalauer auszeichnen, stehen in der Tradition des Surrealismus und Dadaismus. Dies gilt zuvorderst natürlich für die Arbeiten von Peter Fischli und David Weiss, die im Eingangsbereich der Schau mit Der Lauf der Dinge vertreten sind, worin wie in ihrem gesamten Werk das Motiv der surrealistischen Junggesellenmaschine variiert wird. Es gilt auch für die von Nonsense und Slapstick geprägten Arbeiten von Robert Barta, der in Time Machine eine sich im Kreis bewegende Modelleisenbahn auf ein Gleis verfrachtet hat, das sich in der entgegengesetzten Richtung bewegt, so dass der Zug auf der Stelle tritt.

Der metaphysisch-existentielle Unterton, der dem komischen Hamsterradeffekt bei Barta zugrunde liegt, wird in anderen Arbeiten verstärkt. Johanna Smiatek etwa setzt in ihrer Installation einen gewöhnlichen Spiegel ständigen Vibrationen aus, so dass es fast unmöglich ist, sich darin selbst wiederzuerkennen, und verweist damit auf die Fragilität der verschiedenen „Identitätstechniken“, mit denen das moderne Subjekt sich seiner selbst zu versichern sucht. Sonst gibt es in der Schau rotierende Rädchen, durch Luftzug bewegte Magnetbänder und vermeintliche Perpetuum Mobiles zu sehen, die auf die eine oder andere Art philosophische Aussagen über die Vergeblichkeit menschlichen Strebens und den Prothesencharakter der Technik zu machen versuchen. Mag man darin eine gewisse Tendenz zum zivilisationsfeindlichen Maschinenpessimismus erblicken, wird die Ausstellung doch nicht dadurch beherrscht.

Vielmehr ist es ihre Stärke, dass sie sich nicht in futuristischen Größenphantasien ergeht, sondern dem Konnex von Maschine und Bewegung eher selbstreflexive, witzige, skurrile und insofern tatsächlich „romantische“ Dimensionen abgewinnt. Dadurch wird der Topos zurückgebunden an die Fähigkeit zur Phantasie und zum zweckfreien Spiel, ohne in jene fetischistische Gadget-Begeisterung zu verfallen, die den Menschen zum Anhängsel seiner nutzlosen Kinkerlitzchen macht.


Romantische Maschinen bis 6. September im Georg-Kolbe-Museum Berlin. Katalog für 16

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