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Kultur : Ein Rassist bleibt ein Rassist

Und ein ­untauglicher Begriff ein untauglicher Begriff: Der Schriftsteller Gerhard Henschel über die „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“

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Ein neuer Begriff macht die Runde, und er soll, wie man hört, den als unbefriedigend empfundenen Begriff des „Rassismus“ präzisieren und überwölben, ihn nach Möglichkeit sogar ersetzen, und zwar durch (Tusch!) „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“. Diese hat es sogar schon zu einem Wikipedia-Eintrag gebracht: „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (engl. group-focused enmity) ist ein sozialwissenschaftlicher Begriff, der Einstellungen im Bereich Rassismus, Rechtsextre­mismus, Diskriminierung und Sozial­darwinismus mit einem integrativen Konzept neu zu fassen versucht.“ Geprägt worden ist er von dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer und seiner Langzeitstudie Deutsche Zustände, deren aktuelle Zahlen neulich veröffentlicht wurden. „Das Syndrom Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit beinhaltet der Definition nach folgende Elemente: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Homophobie, Abwertung von Obdachlosen, Abwertung von Behinderten, Islamophobie, Klassischer Sexismus, Etabliertenvorrechte, Ab­wertung von Langzeitarbeitslosen.“

Die Liste scheint jedoch, so lang sie auch ist, nicht vollständig zu sein. Man ist geneigt, Witze zu machen: Vieles fehlt – die Antipathie zwischen Kölnern und Düsseldorfern, der Hass zwischen Dortmund- und Schalke-Fans, die Männerfeindlichkeit verbiesterter Kampf­lesben, der Rochus mancher Langzeit­arbeitslosen auf Industriekapitäne, die generelle Abneigung pazifistischer ­Geschichtslehrer gegen rechte Skinheads und nicht zuletzt der Ekel, der ­unbescholtene Bürger erfassen mag, wenn sie im Fernsehen Autowettrennfahrer erblicken, die sich gegenseitig Champagner ins Gesicht spritzen.

Studium der Menschheitsgeschichte

Die Gruppe der sich gegenseitig mit Champagnerfontänen überschüttenden Autowettrennfahrer ist zwar nicht sehr groß, aber doch als deutlich abgrenzbare Sektion erkennbar, die die Feindseligkeit jener auf sich zieht, denen die demon­strative Vergeudung von Genussmitteln ebenso gegen den Strich geht wie die öffentliche Selbstvergötzung jugendlicher Kraftfahrer. In der Konzeption der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit ist für solche Menschengruppenfeinde leider kein Platz, denn es geht dort ausschließlich um Feindschaften, die ihrerseits in einer pluralistischen Ge­sellschaft keinen Platz haben sollten.

Entgegen der Intention ihres Erfinders ist die „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ nicht an und für sich etwas Schlechtes, das mit sozialarbeiterischen und psychotherapeutischen Mitteln bekämpft und fortlaufend von besorgten Wissenschaftlern überwacht werden müsste. Zur Menschenfeindschaft, sei sie nun gruppenbezogen oder universal, kann man auch durch das Studium der Menschheitsgeschichte gelangen.

Möglicherweise sogar schon durch die Beschäftigung mit den Mitteln und Wegen der Durchsetzung eines ver­quasten akademischen Oberbegriffs, der Antisemitismus, obszöne Herrenwitze und die „Abwertung von Obdachlosen“ gleichermaßen umfassen soll. Können wir denn nicht alle damit leben, dass es Leute gibt, die Obdachlose nicht mögen, Langzeitarbeitslose verhöhnen, den Islam verachten, sich vor Schwulen grausen und „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ für den schlechtgewählten Namen einer Band debiler Deutsch­rapper halten? Wir müssen es ja nicht gut finden. Und: Die Rassisten sollten wir auch in Zukunft Rassisten nennen.

Der Schriftsteller Gerhard Henschel schrieb u.a. den Gossenreport. Betriebsgeheimnisse der Bild-Zeitung. Zuletzt erschien von ihmLiebesroman(Hoffmann und Campe 2010)

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