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Jürgen Todenhöfer

Hardcover, gebunden

24-seitige Bildtafel (in zwei Teilen)

464 Seiten

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Drama

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Kultur : Schlag ins Genick

Die PR-Abteilung der Drogeriemarktkette Schlecker muss man nicht mögen - auf die Empörung deutscher "Sprachpfleger" findet sie aber unfreiwillig die richtige Antwort

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Man will sich den Schock lieber nicht ausmalen, den Thomas Paulwitz – seines Zeichens Chefredakteur der von ihm gegründeten Zeitschrift Deutsche Sprachwelt und unermüdlicher Kämpfer gegen die ‚Überfremdung‘ der deutschen Sprache – erlitten haben muss, als er vom neuen Claim des Drogeristen Schlecker erfuhr: „For you. Vor Ort“. „Schmutzigstes 90er-Jahre-Denglisch mit einem Schuß Bergarbeitersprache, ein Schlag ins Genick für alle sprachempfindlichen Mitbürger“, erregte sich Paulwitz im Mai in der neorechten Jungen Freiheit, in der er regelmäßig schreibt.

Auch die „Gesellschaft für freie Publizistik“ – gegründet von gewesenen SS- und NSDAP-Mitgliedern und laut Verfassungsschutzbericht „mit mehr als 500 Mitgliedern die größte rechtsextremistische Kulturvereinigung“ – führt Paulwitz als Referenten. Man ahnt, wie dieser mit sich gerungen haben muss, als die FAZ ihn 2008 um einen Beitrag für ihren „Reading Room“ bat. Doch Paulwitz überwand sein Grauen vor dem Denglischen und beklagte dort schließlich das „aus historischen Gründen angeknackste Selbst- und Sprachbewußtsein“ der Deutschen.

Vor gut zwei Wochen landete Paulwitz endlich einen echten Coup. Einer seiner Leser hatte an Schlecker geschrieben, Kritik an „For you. Vor Ort“ geäußert und Post bekommen von Florian Baum, dem Leiter der Schlecker-Unternehmenskommunikation. Der hob in seiner Antwort ab auf die „durchschnittlichen Schlecker-Kunden, die niederen bis mittleren Bildungsniveaus zuzuordnen sind“, und erklärte, dass „Sie und Ihre Mitunterzeichner (promovierte Akademiker, Philologen und andere reflektierte Sprachverwender)“ nicht zu Schleckers Zielgruppe gehören. Auf der Facebook-Seite der Deutschen Sprachwelt wurde das Schreiben ver­öffentlicht, die Rede vom PR-Desaster machte die Runde. Das Schreiben an Schlecker bekam man allerdings nicht zu Gesicht – mit welch‘ eitler Liste von Doktortiteln die Kritiker bei Schlecker Eindruck schinden wollten, deutet Baums Hinweis immerhin an, passt aber wohl nicht zum Image der im Namen des ganzen deutschen Volkes besorgten „Sprachpfleger“.

Deutsche auf Mallorca

Allein, man muss sich darüber nicht weiter ärgern, denn Schlecker selbst hat die beste Antwort gegeben. Am vergangenen Samstag erschien erstmals und testweise ein Kundenmagazin des Drogeriemarktes in türkischer Sprache. Das Schlecker-Blog präsentiert das Reklameblättchen mit den üblichen hohlen Floskeln: Damit werde ein „Zeichen der deutsch-türkischen Freundschaft“ gesetzt, heißt es etwa – was den miesen Ruf des Drogerie-Discounters in sozialen Fragen mehr schlecht als recht bemäntelt.

Dafür entschädigt die Erregung unter der entsprechenden Facebook-Meldung der Deutschen Sprachwelt. Wie mancher sich da zu wehren versucht gegen den Umstand, dass man es für einen Schritt in die richtige Richtung halten darf, wenn Migranten von diesem elenden Zielgruppen-Schematismus nicht verschont bleiben, zeugt nicht von hohem Bildungsniveau: „Der Unterschied zwischen den Deutschen auf Mallorca und den Türken in Deutschland ist, daß die Deutschen Geld nach Mallorca bringen und dann wieder abreisen, aber die Türken Geld aus unseren Sozialkassen ziehen und dableiben.“ Solche Kommentare werden von den Administratoren nicht gelöscht, sondern mit dem Hinweis versehen: „Bitte seien Sie vor­sichtig mit Verallgemeinerungen. Es gibt auch viele gut integrierte Türken, die hart arbeiten und gut Deutsch sprechen.“ So klingt er, der Schlag ins Genick für alle sprachempfindlichen Mitbürger.



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