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Politik : Ideologisches Outsourcing

Wenn die da oben nicht mehr können und die da unten nicht mehr wollen, wackelt das System. Aber die Opel-Krise zeigt: Die da oben können noch, die da unten wollen noch

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Der Staat kann immer noch mehr Geld für den äußersten Notfall versprechen. Er hat die Wahl: Soll er's tun, soll er's nicht tun? Die Politiker streiten darüber. Die einen sagen, mit einer Staatsbeteiligung nicht nur bei Banken, sondern auch bei einem Autohersteller wie Opel würde eine Grenze überschritten. Denn Banken müsse man um jeden Preis retten, weil mit ihnen das System stehe und falle, die Insolvenz von Firmen jedoch gehöre zum Funktionieren des Systems. Die anderen wollen trotzdem rettend eingreifen, um die Arbeitsplätze der 25.000 deutschen Beschäftigten in Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern und Eisenach zu retten und die Autokrise zu bannen.

Das ist nicht bloß ein Streit zwischen Union und SPD, sondern mehr noch zwischen den Parteiideologen und den Politikern mit Wahlämtern. Ministerpräsidenten wie Rüttgers, aber auch Koch, beide CDU, werden im Angebot praktischer Hilfe sehr weit gehen, sie können gar nicht anders. Auch die Bundeskanzlerin wird sich dem Gedanken der Staatsbeteiligung, den sie zur Zeit demonstrativ ablehnt, vielleicht noch öffnen. Vielleicht ist das ihre Form des Kompromisses: erst eine Zeit lang den Ideologen recht geben, dann sich wie eine zur Wahl stehende Politikerin verhalten. All das zeigt, die Politiker "können noch".

Und wie sehr die Arbeitnehmer "noch wollen", sicher nicht nur bei Opel, zeigt sich exemplarisch am Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz: Der Mann, der 1975 als Autolackierer bei Opel angefangen hat, verhält sich heute geradezu als Gesamtspitzenmanager, denn die anderen, die "Manager" heißen und sich mit Riesensummen belohnen lassen, sind gekommen und gegangen und reichen nicht entfernt an Franz' ökonomische und politische Erfahrung heran. Von seiner Verhandlung mit dem Staat wird es vor allem abhängen, wie weit die Politiker in die Staatshilfe einsteigen. Dabei denkt er wie die (anderen) Manager: Bereitschaft zu "Kostensenkungsmaßnahmen" bis hin zur Einführung der Vier-Tage-Woche hat er jetzt signalisiert.

Es ist, als ob er anders als die Politiker keine Wahl hätte. Wie sollen die deutschen Opel-Werke denn auch anders gerettet werden? Es gäbe ja nur die Alternative, das ganze System in Frage zu stellen, in dem Banken gerettet werden und Arbeitnehmer im schlimmsten Fall die natürlichen Opfer sind. Also stehen alle, Beschäftigte, Manager und Politiker, Hand in Hand und kämpfen gemeinsam gegen die US-amerikanische Seite des Problems. Ideologisches Outsourcing könnte man das nennen. General Motors erpresst uns, tönen die Politiker (und was ist mit Hypo Real Estate?); Klaus Franz zieht insofern mit, als er Solidarität mit den Beschäftigten aller europäischen Opel-Werke, nicht aber mit denen der General Motors-Werke bekundet.

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