Unsere Nation, unser Land

Cyber-Bellizismus Während Südkorea und die USA mit einem großen gemeinsamen Militärmanöver Nordkorea erzürnen, verfeinert die Volksrepublik ihr Propagandaarsenal dank YouTube und Twitter

Die allseits als „Reich des Bösen” geschmähte Demokratische Volksrepublik Korea bedient sich seit mehreren Wochen recht brauchbarer Umstände der Globalisierung. Die Rede ist von mittlerweile über 130 bei YouTube hochgeladenen Videoclips und Twitter zum Thema Unsere Nation,unser Land ( mit 8.814 Follower am Mittag des 19. August), von denen Experten meinen, dass dahinter das nordkoreanische Komitee für die Friedliche Wiedervereinigung Koreas steckt. Sehr zum Verdruss des südkoreanischen Vereinigungsministers und anderer Behörden des Landes. Die setzten alle Hebel in Bewegung, um ihren Untertanen den Zugriff auf solche Seiten mit der Warnung „Unerlaubter Inhalt" zu versperren.

So gibt es in Südkorea 65 von Nordkorea oder seinen Unterstützern betriebene Internetseiten, die gesperrt sind, während in Nordkorea kein normal Sterblicher über einen Internetzugang verfügt. Einer von vielen Anachronismen, die das Leben auf der geteilten Halbinsel 60 Jahre nach dem Beginn des Koreakriegs prägen. Den wollte der von seinem Biographen William Manchester so genannte „Amerikanische Cäsar“, General Douglas MacArthur, durch den gezielten Einsatz von Atombomben auf grenznahe volkschinesische Städte „abkürzen“. Im damaligen Militärjargon hieß das „Pulverisierung“.

Lieber scheuern

Zurück zu den beiden Steinen des Anstoßes, die es aus Gründen unkonventioneller Politunterhaltung nahe legen, Koreanisch zu lernen. In den YouTube-Videoclips wird US-Außenministerin Hillary Clinton als „Minister in einem Kleid” und ihr Kollege, der amtsmüde Verteidigungsminister Robert M. Gates, als „Kriegstrunkener“ karikiert. Nicht besser ergeht es Teilen der Ministerriege in Seoul. Südkoreas Verteidigungsminister Kim Tae-Young figuriert als vom „amerikanischen Master” gehätscheltes „Schoßhündchen”, während Außenminister Yu Myung-Hwan nahegelegt wird, lieber „die Fußböden im Pentagon zu scheuern“. Yu nimmt man übel, dass er bei den Lokalwahlen im Juni, die für die Regierung des – vornehm formuliert – stockkonservativen Präsidenten Lee Myung-Bak eine herbe Schlappe brachten, die „pro-nordkoreanische Jugend“ im Lande für die Niederlage verantwortlich machte. Solcher Klientel legte Yu nahe, „dann lieber gleich nach drüben zu gehen und unter Kim Jong-Il zu leben“.


Apropos "Geliebter Führer". Kim Jong-Il wurde vom damaligen US-Präsident George W. Bush einst als „Pygmäe“ bezeichnet. Pjöngjang, nie zimperlich bei Retourkutschen, revanchierte sich auf seine Weise. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA bezeichnete George Bush als „Häuptling einer von moralischer Lepra befallenen Nation“. Man darf gespannt sein, wer, was und wie da alles noch zu steigern ist.

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