Erneuerbar statt atomar!

Atomausstieg Entweder wir verstricken uns jetzt weiter in der atomaren Selbstzerstörung, oder wir beginnen ernsthaft mit dem Umstieg. Wie das konkret und praktisch aussehen kann?

Bei der Menschenkette in Stuttgart am Samstag zeigten junge Leute ein Plakat mit der Aufschrift: „Brauchen wir erst ein zweites Tschernobyl?“ Es könnte sein, dass wir in Japan viel schneller ein zweites Tschernobyl erleben als sich das die Demonstranten vom Wochenende vorstellen konnten. Nach den Atom-Unfällen in Tschernobyl 1986, in Harrisburg 1974 und in Sellafield 1959 erleben wir jetzt in Fukushima die nächste große Atom-Katastrophe. Das ganze Ausmaß ist noch nicht absehbar.

Wir werden endlich lernen müssen, dass es keine „friedliche Nutzung“ der Kernenergie gibt. Die Atompolitik hat sich endgültig als kollektiver Irrweg erwiesen. Die Frage ist nun: Schaffen wir jetzt ein erneuerbares Selbstbewusstsein oder verstricken wir uns weiter in der atomaren Selbstzerstörung?

In Deutschland bestreitet niemand mehr, dass der 100-prozentige Umstieg auf erneuerbare Energie nötig und möglich ist. Gestritten wird aber in den nächsten Tagen und Wochen mit Sicherheit über das Tempo des Umstiegs vom Atom- und Öl- ins Solarzeitalter. Wie aber könnte der Umstieg konkret und praktisch aussehen?

Zurzeit werden bereits 17% des deutschen Stroms erneuerbar produziert. Der 100 Prozent-Umstieg in vielleicht 20 oder 30 Jahren bedeutet: 20 mal so viele Solaranlagen wie heute, dreimal so viele Windräder , eine Verdoppelung der Bioenergie, eine Reaktivierung einiger tausend kleiner Wasserkrafträder wie wir es schon vor 100 Jahren hatten und eine rasche Mobilisierung der Erdwärme-Potentiale. Die Installation einer Solaranlage dauert drei Tage und die eines Windrads drei Wochen. Die Technologien sind inzwischen hunderttausendfach erprobt.

Neue Leitungen und Speicher für eine dezentrale Energieversorgung könnten nach den bisherigen Erfahrungen in 10 bis 15 Jahren organisiert sein. Schon heute arbeiten 340.000 Menschen in den Branchen der Ökoenergien. Bis 2020 könnten es eine Million und bis 2030 zwei Millionen sein. Beim Atomausstieg liegen also nicht nur Probleme, sondern auch riesige Zukunftschancen für eine moderne Gesellschaft. Die Alternative heißt: erneuerbar statt atomar.

Und was kostet der Umstieg? Das hat soeben der Sachverständigenrat für Umwelt der Bundesregierung ausgerechnet: 50 Euro mehr im Monat pro Haushalt. Aber kein Umstieg kann die Zukunft kosten. Wer jetzt noch längere Laufzeiten für AKW fordert, muss mit kürzeren Regierungszeiten rechnen.

Franz Alt war lange Jahre als Fernsehjournalist tätig, insbesondere für den Südwestfunk, wo er das Politmagazin Report moderierte. Alt entgagiert sich für den Umstieg auf erneuerbare Energien, unter anderem auch auf seiner Webseite sonnenseite.com. Zuletzt erschien von ihm das Buch Die Sonne schickt uns keine Rechnung.

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Am Montag, den 14. März werden deutschlandweit von 18 bis 18.30 Uhr Mahnwachen abgehalten. Genauere Infos dazu finden sich hier. Unterdessen hat das Aktionsbündnis Campact eine Unterschriftenaktion für den Atomausstieg gestartet.


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