Vorhang auf für Guttenberg

Im Gespräch Karl Theodor zu Guttenberg wird Berater der EU-Kommission für Internetfreiheit. Grünen-Politiker Jan Philipp Albrecht hält die Personalie in mehrerlei Hinsicht für bedenklich

Nach Halifax, Zeit-Interview und Buchveröffentlichung erklimmt Guttenberg nun via Brüssel die nächste Sprosse auf der Leiter zum Comeback. Jan Philipp Albrecht, EU-Abgeordneter der Grünen, hat zu dieser Personalie eine parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission gestellt

Der Freitag: Welche Art von Posten hat EU-Kommissarin Neelie Kroes Karl Theodor zu Guttenberg als Berater verschafft, was sind seine Aufgaben?
Jan Philipp Albrecht: Die Ankündigung der EU-Kommissarin lässt bislang vollkommen offen, wie Guttenberg einen Beitrag zur Freiheit im Internet leisten soll und welche Rolle er als Berater spielen soll. Unklar ist übrigens auch, ob Guttenberg hier im Auftrag der EU-Kommission oder seines Arbeitgebers - dem Pentagon-nahen amerikanischen Thinktank CSIS, der nicht im Brüsseler Transparenzregister eingetragen ist - tätig ist und vom wem er bezahlt wird. Ich habe heute eine entsprechende parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission gestellt, um Klarheit über diese Fragen zu erhalten.

Was bezwecken Sie mit der parlamentarischen Anfrage an die EU-Kommission?
Meine Anfrage - die übrigens auch online abzurufen ist - soll Klarheit über die Hintergründe der Anfrage Guttenbergs durch die EU-Kommission und nähere Informationen zu den doch sehr vagen Plänen von Frau Kroes bringen. Ich finde es doch arg bedenklich, wie hier offensichtlich eine Show für Guttenberg auf dem Rücken eines wirklich wichtigen Themas veranstaltet wird.

Mit welcher Haltung zum Internet ist Guttenberg Ihnen in Erinnerung geblieben? Wie hat er sich früher positioniert und gibt es da jetzt Widersprüche?
Jan Philipp Albrecht: Naja, Guttenberg war als Wirtschaftsminister 2009 zuständig für die Einbringung des Zugangserschwerungsgesetzes und hat als CSU-Abgeordneter für dessen Erlass der Vorratsdatenspeicherung gestimmt. Beides wohl bekannt hoch umstrittene Maßnahmen zur Einschränkung der freien Kommunikation im Internet. Hinzu kommt, dass mir Herr Guttenberg zur Netzpolitik nur durch seine im Rahmen der RTL2-Sendung Tatort Internet und ihren unermüdlichen Einsatz für Internetsperren bekanntgewordene Ehefrau Stefanie aufgefallen ist. Natürlich abgesehen von GuttenPlag, zu deren Erfolg er ein beträchtliches Plagiat beigetragen hat.

Sie kritisieren, die EU-Kommission müsse beim Thema Internet auch ihre eigene Politik hinterfragen. Was heißt das konkret?
Jan Philipp Albrecht: Es ist richtig, dass die EU-Kommission endlich aktiv werden muss, beim Schutz des freien Zugangs und der freien Kommunikation im Internet. Dazu hat sie das Europäische Parlament auch schon aufgefordert. Auch die Frage des Exports von Netzüberwachungs- und Zensurtechnologie durch EU-Länder muss endlich auf den Tisch. Es ist aber vor allem bedenklich, dass Länder wie China, Russland und Saudi-Arabien Ihre Repressionsmaßnahmen mit dem Argument rechtfertigen können, dass diese auch in der EU bereits Gang und Gebe sind. Deshalb sollte die EU sich endlich mit den eigenen Gefahren für den Rechtsstaat befassen. Das aber soll Guttenberg offensichtlich nicht tun.

Sieht sich Herr Guttenberg zu Recht in dieser Position? Und mit welcher Begründung hat Neelie Kroes diese Personalentscheidung gerechtfertigt?
Jan Philipp Albrecht: Wo sich Herr Guttenberg zu Recht sieht, kann ich nicht bewerten. Sein dubioses Verständnis des geltenden Rechts und des demokratischen Rechtsstaats allerdings befähigt ihn in meinen Augen aber nicht annähernd für einen Beraterjob bei der EU-Kommission. Eine wirkliche Begründung, warum Neelie Kroes ausgerechnet ihn dazu berufen hat, den Internetnutzern in der Welt zu helfen, haben wir heute jedoch nicht gehört. Von einer bekannten Kollegin habe ich heute gehört, dass sie einfach einen Hang zu Adeligen hat.

Jan Philipp Albrecht ist der jüngste
deutsche Abgeordnete im Europäischen Parlament. Der ehemalige Sprecher der
Grünen Jugend gilt mit seinem Einsatz fürDatenschutzthemen als Innen- und Justizexperte der Grünen. Der gebürtigeBraunschweiger vertritt die norddeutschen Grünen im Europaparlament und hat
Regionalbüros in Hamburg, Hannover und Kiel.

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