Trojans Rückkehr
Wie kam es dazu, dass Sie sich 13 Jahre nach „Im Schatten“ wieder der Geschichte von Trojan zugewandt haben?
Das waren mehrere Faktoren. Ich hatte Lust, an dieser Form von Genre weiterzuarbeiten und ich hatte Lust, wieder etwas mit Mišel Matičević zu machen. Das hat sich auch damit verbunden, dass ich seit „Im Schatten“ nicht mehr in Berlin gedreht hatte. Ich hatte große Lust darauf, mir die Stadt, in der ich lebe und in der ich bereits mehrere Filme gemacht habe, wieder genauer anzugucken. Das ist ähnlich wie bei Trojan, der nach Berlin zurückkehrt, obwohl er diese Stadt nach dem Geschehen von „Im Schatten“ eigentlich um jeden Preis meiden wollte. Aber ein Job führt ihn dann eben doch wieder zurück.
Was fasziniert Sie an diesem Genre?
Ich habe eine spezielle Faszination für HeistFilme, in denen Überfälle sorgfältig vorbereitet und durchgeführt werden, mit den entsprechenden Komplikationen danach. Das sind Geschichten, in denen die Arbeit der Protagonisten eine große Rolle spielt. Mich interessieren diese Filme, in denen diese kriminelle Arbeit sehr ernst genommen wird, in allen Details, wie z.B. in „Rififi“ von Jules Dasin, „Le cercle rouge“ von Melville, oder „Thief“ und „Heat“ von Michael Mann.
Erzählt die Gangster-Welt Trojans etwas über unsere bürgerliche Welt?
Nein, das läuft komplett auseinander. Zumindest bei Trojan, der bewusst nicht für die organisierte Kriminalität arbeitet. Er ist daher auch kein „Gangster“. Trojan ist jemand, der versucht, nach eigenen Regeln zu leben und eine Existenz zu führen, die in gewissem Sinne selbstbestimmt ist, mit den entsprechenden Schwierigkeiten und Entbehrungen. Und da er ein professioneller Krimineller ist, ist das natürlich weit weg von jeder Form von bürgerlicher Existenz. Eine Figur wie Trojan hat gar keine Berührungspunkte im Hinblick auf regelmäßige Arbeit, Familie, festen Wohnsitz, dem Wunsch nach Eigentum. Das interessiert ihn alles nicht. Bei seinen Jobs ist Trojan ganz bei sich selbst. Reine Präsenz. Was er hat, ist ein gewisser Moralkodex, was seine Arbeit anbelangt, auch im Hinblick auf den Umgang mit den Leuten, mit denen er zusammenarbeitet. Da geht es um das Verständnis von Präzision und Professionalität und letzten Endes auch um moralische Linien. Er ist jemand, der sich abseits der bürgerlichen Norm oder des Gesetzes bewegt, aber trotzdem versucht, eine Art Moralkodex für sich aufrecht zu halten.
Veränderungen
Wie wichtig war „Im Schatten“ als Referenz und Bezugspunkt für „Verbrannte Erde“?
Das war natürlich ständig präsent, auch die Frage, was jetzt im neuen Film anders ist, was sich verändert hat. Es ist ja viel Zeit vergangen seither. Das spielt eine große Rolle, aber es ist die gleiche Figur, Trojan ist 13 Jahre älter geworden. Über die Zeit dazwischen erfährt man nicht viel, nur durch ein paar Andeutungen, dass er im Grunde so weitergemacht hat. An seiner Existenzform hat sich nichts geändert, außer dass es immer weniger Gelegenheiten für diese Jobs gibt, die er bevorzugt: Sachen, die man möglichst gut kontrollieren kann, klassische Jobs, wo das Haptische eine Rolle spielt. Die Gelegenheiten dafür werden immer weniger, weil inzwischen vieles digitalisiert ist, weil Computer und Technologie auf allen Feldern eine riesige Rolle spielen. Das verkleinert seinen Spielraum, es wird für ihn immer schwieriger, geeignete Jobs zu finden und zu realisieren.
Man hat fast den Eindruck, dass den älter gewordenen Trojan ein Hauch von Melancholie umweht, gerade in der Szene mit Diana im Café; dass vielleicht sogar die Liebe möglich ist.
Das ist tatsächlich ein Unterschied. Die Figur der Dora von „Im Schatten“ ist in erster Linie eine Komplizin, zu der Trojan ein pragmatisches und distanziertes Verhältnis hat. Und für Dora ist die Einbindung in ein kriminelles Projekt eher die Ausnahme. Sie nimmt nur am Rand daran Teil. In „Verbrannte Erde“ ist das anders. Diana hat zwar auch einen nicht-kriminellen AlltagsJob, aber sie ist auch gleichzeitig professionelle Fluchtfahrerin. Trojan und Diana begegnen sich bei der gemeinsamen Arbeit auf Augenhöhe. Das schafft die Basis für eine emotionale Nähe zwischen den beiden. Es gibt zumindest einen Raum oder die Möglichkeit, dass sich etwas in diese Richtung öffnen könnte.
Wenig verändert hat sich bei den Autos: Gangster fahren immer noch Verbrenner.
Es gibt auch andere Autos im Film: Der „Erlkönig“, den Diana als Testfahrerin über die Strecke jagt, ist ein neuer Hybridwagen. Und Rebecca, die Jobvermittlerin, fährt ein E-Auto. Ich fand das stimmig, dass die in der Wahl ihrer Autos einfach moderner sind, während es in der konkreten Praxis bei der Durchführung der kriminellen Jobs um andere Kriterien geht. Diana fährt bei ihren Fluchtfahrerin-Jobs ältere Verbrenner. Auch für Trojan ist die Wahl seines Wagens keine Nostalgie oder Liebhaberei. Neue Wagen sind voller Elektronik. Elektronik ist anfällig, wenn da etwas nicht stimmt, kann man es nicht selber beheben. Und die neuen Wagen sammeln zu viele Daten.