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Kultur : „Seifengeruch geht nicht“

Parfümeur Christophe Laudamiel hat unter anderem den Geruch von Weichspüler erfunden. Aber wie riecht eigentlich Frische?

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Der hochgewachsene Franzose mit Irokesen-Haarschnitt und alterslosem Gesicht hat einige der bekanntesten Düfte für die größten Marken kreiert. Darunter den erfolgreichsten Herrenduft aller Zeiten Polo Blue für Ralph Lauren. Christophe Laudamiel sagt, er habe sich selbst in der Figur des Grenouille wiedererkannt, dem genialen Sonderling aus Patrick Süskinds Das Parfüm. In seiner Branche gilt Laudamiel als Enfant terrible unter den Star-Parfümeuren. Der Kritiker Luca Turin nannte seine Kreationen die „betörendsten, schwindelerregendsten Akkorde, die ich seit Jahren gerochen habe“.

Christoph Laudamiel:

Ja, richtig. Ich war zuständig für Lenor Europa und für Flüssigspülmittel in Europa und Japan.

Die Anforderungen an ein Spülmittel sind hoch: Es soll reinigen und beim Gebrauch Frische erzeugen, aber es muss flüchtig sein, darf also keine Spuren auf den Tellern hinterlassen. Niemand will beim Essen einen Hauch von Zitronen-Waschmittel wahrnehmen. Bei Waschmittel ist es umgekehrt: Der Duftstoff muss ein wenig nachhängen, selbst nach dem Spülgang muss er im Material dezente Duftspuren hinterlassen, damit die trocknende Wäsche nicht „nass“ riecht. Das sind technisch zwei unterschiedliche Herangehensweisen, die Duftkomposition ist aber eher überschaubar.

Nein, im Spülmittelmarkt werden wenige Düfte entwickelt. Bei P braucht man nicht jedes Jahr einen neuen Duft. Meine Aufgabe war es vor allem, die bestehenden Düfte zu überwachen. Letztlich wurde nur ein Duft von mir für Lenor umgesetzt, aber den gibt es immer noch.

Das ist eine der großen Fragen: Wie riecht frisch? Was bedeuten diese Begriffe für Teller, was für Kleider? Frischgewaschene Teller brauchen viel Citrus, Äpfel und Beeren, leichte Blumen­düfte, aber kein Holz-, kein Wald-, kein Moschusaroma und nichts Schweres, vor allem: keine Seife. Wir assoziieren Seife mit Sauberkeit, aber saubere Teller dürfen nicht nach Seife riechen. So müssen wir andere Duft­kombinationen suchen, um Frische zu finden.

Kleider vertragen Moschus, weichere und süßere Düfte. Auch der reine Seifenduft passt zu Waschmittel. Es darf sauber riechen.

Wenn man sich in der Welt von Lenor und Ariel bewegt, erkennt man schnell die Begrenzungen. Konsumentenakzeptanz ist der einzige Erfolgsmesser.

Man arbeitet in der Reinigungsindustrie viel mit basischen Stoffen. Basen haben die Eigenschaft, viele Duftstoffe zu verschlucken. Ganz anders die fine fragrancies. Hier ist der Grundstoff Alkohol. Alkohol ist sehr fein, er erlaubt verschiedene Duftstoffe, er verdeckt und verschluckt nichts. Das eröffnet Möglichkeiten, erfordert aber auch, dass man den Duft sorgfältiger bearbeiten muss.

Egoïste und Acqua di Gio. An Egoïste liebe ich das Holz und die Gewürze. Seine Süße ist außergewöhnlich für ein Männerparfüm. Acqua di Gio hat jenen Bereich perfektioniert, den wir in der Duftwelt alle anstreben: Frische.

Ich kann am Geruch erkennen, ob die Zutaten wertvoll oder billig sind. Mich interessiert die Struktur: Ist sie neu? Ist sie aufregend? Oder wird hier bloß etwas wiederholt? Eine sichere Weise, sehr gute von schlechteren zu unterscheiden, ist die Dauer, die der Duft am Körper bleibt. Mittelmäßige Düfte kollabieren nach spätestens zwei Stunden.

Die 1980er waren blumig und süß, mit Düften wie Poison oder Giorgio. Die Neunziger wurden fruchtig. Die Nullerjahre waren fruchtig-blumig mit einer Betonung von Vanille und Patschuli. Alles begann mit Coco Mademoiselle. Patschuli kann auf spezielle Weise Frische betonen.

Sicher. Ich glaube, die 1990er und die Nullerjahre standen für ein gewisses Aufräumen, für ein Säubern der Großstädte, wie wir es in New York zumindest an der Oberfläche deutlich erlebten. Selbst die Verruchtheit war plötzlich sauber.

Düfte sind prägend, aber ich habe noch nicht von einem Jugendlichen gehört, der gegen das Parfüm seiner Eltern rebelliert. Umgekehrt gibt es keine Parfüme, die Jugendliche tragen können, um sich von den Eltern abzugrenzen.

Ich glaube, dass Menschen eines Tages weite Wege gehen werden oder lange anstehen, um etwas riechen zu dürfen. Denn das ist das Besondere an Düften: Sie müssen vor Ort sein, um sie riechen zu können. Sie können keine Bilder davon schicken, das Internet ist bedeutungslos für Düfte.


Das Gespräch führte Mikael Krogerus

Christophe Laudamiel, geb. 1969 in Clermont-Ferrand, machte seinen Master in Chemie 1991 in Straßburg und lehrte unter anderem in Harvard. Sein Diplom als Parfümeur erhielt er 1997. Er lebt in New York.

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