Der Unsterbliche

Vom Bauen: Eine Ikone der Moderne, obwohl das Original nach wenigen Monaten schon wieder verschwinden war

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Die Demontage erfolgt wie geplant im Jahr 1930: Für die Weltausstellung im Jahr 1929 entwerfen Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich den Barcelona-Pavillon.

Was für ein Versprechen: ein junges, nach Freiheit und sozialer Gerechtigkeit strebendes Deutschland zeigt Präsenz durch schwebende Eleganz und edle Oberflächen..... Freiheit kann schön und erotisch sein, ein kleiner Bau Wirkung entfalten wie ein Filmstar.

Mit dem Ehrenmal für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht erprobt der Architekt Mies van der Rohe bereits im Jahr 1926 die skulpturale Umsetzung eines fließenden Raum-Körper-Kontinuums, in der Gestalt des gestreckten Raumgefüges in Barcelona findet die bildende Idee des fließenden Raums schließlich ihre glückliche Erfüllung.

Eine günstige Fügung schon der Ort: Der klangvolle Name der kunstliebenden Stadt Barcelona fördert die Rezeption in kulturell aufgeschlossenen Kreisen, die begeisterte Aufnahme des Werkes durch das Publikum der Ausstellung bereitet den Weg für die Proklamation des International Style.

Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich emigrieren später nach New York. Durch die Weltwirtschaftskrise ab 1929 finden sie im veränderten Machtgefüge Deutschlands nicht mehr genügend Aufträge, Mies van der Rohe wird als Leiter des Bauhaus zudem von den deutschen Nationalsozialisten zur Schließung der Schule gezwungen. Wir können nur ahnen, was uns dadurch entgangen ist.

Ein Haus in der Entwicklungsstufe zwischen Skulptur und Labyrinth, ein temporäres, nahezu funktionsloses Gebäude, konzipiert für die Dauer einer Ausstellung...... aber nur wenige Häuser werden so oft publiziert, erwähnt, studiert oder zitiert wie der Barcelona-Pavillon und seine stilprägende Möblierung, obwohl das Original nach wenigen Monaten schon wieder verschwindet.

Wie haben Sie das nur gemacht, möchte ich das Paar Rohe/Reich fragen...... und man ist versucht, die beiden exponierten Räume als Werbende in einem Liebesspiel zu deuten, verbunden wie getrennt durch die lange Wand der Sehnsucht, davor die Bank zum Warten, zum Schauen, zum Sonnen, das flache Becken als Spiegel des Himmels, zur Kühlung der Luft und zur Erinnerung an das unendliche Meer........

Die Stadtverwaltung von Barcelona hat den Pavillon nach alten Plänen und Fotos wieder errichten lassen, vielleicht war die stete Nachfrage der Kultouristen anders nicht zu stillen?

Da steht er wieder, am Rande des Plateaus, ein guter Bekannter, dem man zurufen möchte: „Du hast Dich gar nicht verändert!“ und er breitet sich aus für ein junges Jahrhundert, lässig wie George Clooney in seinen besten Rollen, ein blendendes Lächeln, keine Leiche wartet im Keller, nur ein Pool, in dem niemand ertrinken wird, dahinter irgendwo ein Wasser-Patio, Chrom und weißes Leder laden ein zum Niedersitzen..... bestell Dir einen Sommercocktail, ich hol noch was zu lesen.....

Es ist kaum zu glauben, dass der Barcelona-Pavillon in dem Jahr entstand, als meine Mutter geboren wurde.



Hier endet der 66. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

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Geschrieben von

archinaut

Ein Blick weitet den Horizont: Dieser Blog zieht um die deutschen Häuser

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