BILD Dir einen Preis

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Über die Gründe haben viele Medienleute – kluge und weniger kluge, Opportunisten und Engagierte - nachgedacht. Wieso kippt BILD einen Mann wie Christian Wulff, den man ganz ganz hoch geschrieben hat, ganz plötzlich in den Dreck?

Es wimmelte von Theorien zu diesem neuen investigativen Engagement, das „treue Seelen“ - z.B. Jakob Augstein, allerdings nur kurze Zeit - pflichtschuldigst als Bemühen um mehr Seriosität interpretierten. Hat Wulff dem Islam einen zu kuschligen Gebetsteppich in Deutschland ausgebreitet, hat er in Konstanz eine zu kritische Rede gegen die Finanzwirtschaft gehalten? Hat man entdeckt, dass Joachim Gauck, der vor Monaten bei der BP-Wahl Unterlegene, mit seiner eindimensionalen Freiheitsgeschichte doch besser in diese Zeiten des tina (there’s no alternative) passt?

Woher der Hang

zum Brutalwaschgang

Es ist wohl alles viel schlichter. Hans Jürgen Arlt und Oliver Storz haben in einer Studie für die Otto-Brenner-Stiftung andere Motive für BILDs damaligen Hang zum Brutalwaschgang ausgemacht.

Studie "Bild" und Wulff - ziemlich beste Partner

Jahrelang war Wulff der Liebling von BILD, bis man Kenntnis davon erhält, dass andere Medien veröffentlichen wollen, dass Wulff vor dem niedersächsischen Landtag Aussagen gemacht hat, die zwar nicht juristisch, aber moralisch tödlich sind oder sein können. Es ging um diesen ominösen Privatkredit.

BILD kannte diese Fakten wohl auch, aber erst, als zu befürchten war, dass andere Konkurrenten die Initiative ergreifen, setzte sich BILD an die Spitze der Enthüller, steuerte von Stund an die Kampagne ohne selbst allzu sehr initiativ zu wirken. Man fütterte die anderen Medien und blieb trotzdem Herr der Lage.

Es galt, zu verdecken, dass das Springer-Blatt seit Jahren einen Politiker hochschreibt, der eine höchst zweifelhafte Politik betreibt und mitnimmt, was man mitnehmen kann. Mit der berüchtigten Mailboxaffäre stilisiert sich BILD als Opfer und Vorkämpfer für die Pressefreiheit, reklamiert Solidarität der anderen Medien und ist damit immer Chef der Angelegenheit.

Was verdient ein Medium, das in seinem autistisch-zynischen Selbstverständnis Enthüllungen nur deshalb lanciert, weil das mühsam kreierte neue seriöse Image sonst in Frage gerät? Genau: Es verdient den Henri-Nannen-Preis. Denn die Perfidie von Enthüllern ist ein Reinigungsmittel der Demokratie, trösten sich die Medienleute.

Vielleicht ist die Nominierung ja auch als Trost für die Pleite mit zu Guttenberg gemeint.

Die Autoren der Bild-Studie resümieren: „Wer „Bild“ im Fall Wulff für guten Journalismus lobt, muss Stalker für ihre Treue, Schwarzfahrer für umweltfreundliches Verkehrsverhalten und Schmuggler für das Überwinden von Grenzen auszeichnen“.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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