Empfehlung der Woche

Was wir wissen können

Was wir wissen können

Ian McEwan

Hardcover Leinen

480 Seiten

28 €

Zur Empfehlung
RE:IMAGINE: THE RED HOUSE

RE:IMAGINE: THE RED HOUSE

7. Berliner Herbstsalon

Maxim Gorki Theater

Am Festungsgraben 2 | 10117 Berlin

Vom 2. Oktober bis 30. November 2025!

Zur Empfehlung
Maria Reiche: Das Geheimnis der Nazca-Linien

Maria Reiche: Das Geheimnis der Nazca-Linien

Damien Dorsaz

Biopic, Drama

Deutschland, Frankreich 2025

99 Minuten

Ab 25. September 2025 im Kino!

Zur Empfehlung
Irma Stern

Irma Stern

Brücke-Museum

Bussardsteig 9

14195 Berlin

Vom 13. Juli bis 2. November 2025!

Zur Empfehlung

Kultur : Verringert sich durch kulturelle Evolution die Gewalt?

Zum Kommentar-Bereich

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Der Evolutionsbiologe Steven Pinker glaubt, dass die Menschheit dazulernt und Gewalt als Option für Konfliktlösungen eine immer geringere Rolle spielt

Möchte man angesichts der jüngeren Geschichte der Menschheit mit ihren Weltkriegen, Tyrannenherrschaften, Völkermorden und Terrorakten wirklich an die (schöne) These glauben, die Gewalttätigkeit unter humanoiden Artgenossen sei im Lauf der kulturellen Evolution zurückgegangen? Dafür versucht der Evolutionsbiologe Steven Pinker, Professor für Psychologie an der Harvard University und regelmäßiger Autor der "New York Times", in seinem neuen Buch "Gewalt - Eine neue Geschichte der Menscheit" (S. Fischer Verlag) Belege zu liefern. Auf über 1200 Seiten skizziert er eine Gesamtgeschichte unserer Zivilisation, mit besonderem Augenmerk auf die Entwicklung der Gewalttätigkeit von der Urzeit bis zur Gegenwart in all ihren individuellen und kollektiven Formen. In vielen anschaulichen Graphiken verarbeitet er eine Fülle von wissenschaftlichen Belegen mit darauf aufbauenden Vermutungen zu einem Gesamteindruck statistisch stetig abnehmender Gewalt, jeweils bezogen auf die Anzahl gewaltsamer Todesfälle pro einhunderttausend Menschen der jeweiligen Epochen und Regionen.

http://www.coaching-kiste.de/books/pinker.jpgDen Hauptgrund dafür sieht Pinker in der steten Zunahme des Handels als Überlebenssicherung und damit einhergehend in der zunehmenden Gewaltkontrolle durch gesellschaftliche Institutionen und Staatsapperate. Mit der Aufklärung und der Verbreitung humanistischen Gedankenguts seien schließlich auch ethisch-intellektuelle Begründungen für ein friedliches Zusammenleben hinzugekommen.

Die extremen Gewaltausbrüche des 20. Jahrhunderts hält Pinker nur für eine Art letztes Aufflackern in einem sich insgesamt beschleunigenden Rückgang von Krieg und Gewalt, fügt aber hinzu: "Es ist keineswegs meine Absicht, die Verbrechen von Hitler, Stalin und Mao zu relativieren. Aber man muss bedenken: Die Weltbevölkerung ist seit dem Mittelalter massiv gewachsen. Wären die Kriege des 20. Jahrhunderts ähnlich blutig gewesen wie die Konflikte zwischen Stammesgesellschaften im präkolonialen Afrika und Lateinamerika, hätten ihnen nicht 100 Millionen, sondern rund 2 Milliarden Menschen zum Opfer fallen müssen." (siehe ff. Interview)

Steven Pinker, der in vielen Medien und unter Kollegen als wichtigster "public intellectual" Amerikas gehandelt wird, ist kein positivistischer Spekulant, sondern Naturwissenschaftler, und als solcher sieht er seine Arbeit (mit einer Portion Eigenskepsis gegenüber statistischen Auswertungen) weniger als Beweis für die Zwangsläufigkeit eines geschichtlich-teleologischen Prozesses, sondern mehr als Anstoß für künftiges politisch-moralisches Handeln, das die aufgezeigten friedensfördernden Mechanismen stärker in die Entscheidungsoptionen einbezieht, wobei Europa bereits eine Führungsrolle eingenommen habe.

Schon auf der TED-Conference von 2007 stellte Pinker seine Thesen vor und veranschaulichte sie mit vielen Graphiken (das Video ist deutsch untertitelt):










Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.