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Politik : Psychoanalytiker, Friedensaktivist: Horst-Eberhard Richter ist tot

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Vor ein paar Jahren, zu seinem 85. Geburtstag, gratulierte dem Psychoanalytiker und Friedensbewegten Horst-Eberhard Richter im Freitag der Kollege Michael Jäger mit den Worten, er, Richter, habe „sich auch gegen die neuen Kriege im 21. Jahrhundert, bei denen Deutschland nicht mehr abseits steht, in vielen Interventionen öffentlich engagiert. In der Welt, wie sie ist, wird auch diese Zeitung immer wieder seine Beiträge erbitten“. So war es dann auch: Der gebürtige Berliner kommentierte Obamas Visionen und die Skepsis der Moderne, er sprach im Interview mit unserer Zeitung über Atombomben als Versicherung gegen Machtverlust und über Wege, die eigene Friedensunfähigkeit zu brechen. Und er unterstützte im Herbst 2009 den Freitag-Aufruf von Künstlern und Intellektuellen für einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Weitere Beiträge können wir, die Redaktion des Freitag, von Horst-Eberhard Richter nicht mehr erbitten. Der Sozialphilosoph, Autor und „große alte Mann“ der Friedensbewegung ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben.

Seit langem müsste den Leuten klar sein: Es ist fünf Minuten vor zwölf. Machen wir so weiter, werden wir unsere Kinder und Enkel zugleich mit den noch existierenden Arten einer lebensfeindlichen Umwelt aussetzen. Weil diese Erwartung erschreckt, wird sie verdrängt. Es entsteht ein heimliches Leiden mit Schuldgefühlen. Wir Ärzte und Psychotherapeuten erfahren von diesem Leiden, weil es sich oft in psychosomatischen Beschwerden bemerkbar macht. Aus der Tiefe schimmert Resignation durch hinter den Sorgen um Geld, Arbeitsplatz und Altersversorgung. Können wir die Dinge überhaupt noch zum Guten wenden? Haben wir nicht schon zu viel kaputt gemacht? Bleibt nicht nur noch übrig, sich abzulenken? Besser nicht mehr hinhören und hinschauen, was neue Angst weckt und den Schlaf raubt?“

(aus der Neujahrsrede von Horst-Eberhard Richter 2009 beim DGB)

"Es ist symptomatisch, dass die Debatte über direkte Demokratie wieder aufflammt. Ich hatte mich schon zur Zeit der Wiedervereinigung dafür engagiert, die Verfassung zu erneuern. Da war auch die Idee der Volksbefragung und der Volksentscheid mit drin. Zumindest wollten wir das Instrument der Volksbefragung einführen. Bisher sagt man, das ist diese Partei, die hast du doch gewählt. Aber dann kommt es zu einer großen Grundsatzentscheidung oder sogar zu einem Krieg, und man hat keine Möglichkeit, sich politisch einzumischen. Das ist eine Entmündigung. Es bleibt dann immer bei Demonstrationen, die meistens mit einer großen Niederlage enden."

(aus einem Interview mit der Frankfurter Rundschau im Herbst 2010)

"Wenn man wie ich mehr als ein halbes Jahrhundert den Menschen zuhört und die Politik beobachtet, merkt man, dass die Menschen sich verändert haben. Als Adam Smith Mitte des 18. Jahrhunderts die liberale Marktwirtschaft erfunden hat, hat er gleichzeitig ein dickes Buch über "Die Theorie der ethischen Gefühle" geschrieben. Er war der Meinung, dass die egoistischen Antriebskräfte durch ein Gegengewicht von sozialen Gefühlen vor Maßlosigkeit bewahrt werden würden. Doch das funktioniert heute nicht mehr. Das Schwinden sozialen Verantwortungsgefühls ist die Krankheit des modernen Kapitalismus."

(aus einem Interview mit Spiegel online vom August 2009)

(Foto: Erwin Elsner/dpa)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.