Das Ende des Romans

Philip Roth US-Autor Philip Roth prophezeit der schönen Literatur für die Zukunft nur noch eine Nischenexistenz

Schon lange wundert man sich darüber, wie produktiv Philip Roth in den letzten Jahren geworden ist. In dieser Woche erscheint sein neuer Roman, nicht einmal ein Jahr nach seinem letzten. Einen weiteren hat er bereits vollständig in der Schublade. Aber die Produktivität des 76-Jährigen ist seiner Ansicht nach kein Indiz für die Lebendigkeit der Literaturszene an sich.

Schon seit langem äußert er sich pessimistisch über die Überlebenschancen des Romans in einer Kultur, die von immer kürzerem Aufmerksamkeitsvermögen geprägt ist, aber noch keine seiner Prophezeiungen war so düster wie seine jüngste: Innerhalb der kommenden 25 Jahre, so Roth, werde die Form zum „kultischen“ Vergnügen einer Minderheit werden.

Der Autor glaubt, die Leute würden einfach immer weniger die nötige Konzentration aufbringen und sich stattdessen lieber Computern und dem Fernsehen zuwenden. „Mit den 25 Jahren war ich wirklich noch optimistisch. Ich denke, es wird zu einem Kult werden. Es wird immer Leute geben, die lesen, aber es wird nur noch eine kleine Gruppe sein. Vielleicht mehr als heute lateinische Gedichte lesen, aber in etwa in dieser Größenordnung“, sagte er Tina Brown,der Chefredakteurin von The Daily Beast.

Das Problem ist der Bildschirm

„Der Druck, das Buch, der Gegenstand selbst ist das Problem“, so Roth weiter. „Um einen Roman zu lesen bedarf es einer gewissen Konzentrationsfähigkeit und Hingabe. Wenn man mehr als zwei Wochen an einem Roman liest, ist das kein wirkliches Lesen. Ich glaube diese Art von Konzentration und Aufmerksamkeit wird in Zukunft nur noch schwer zu finden sein ... E-Reader wie Kindle ändern daran überhaupt nichts. Das Buch kann es schlicht nicht mit dem Bildschirm aufnehmen. Mit all diesen Bildschirmen kann ein Buch nicht mithalten.“

Roths neuer Roman The Humbling wird in dieser Woche veröffentlicht und wurde von William Skidelsky bereits verrissen. Er nannte das Buch ein „Stück skandalösen Firlefanz. Brown gegenüber sagte Roth, wie der Held von Humbling, Simon Axler – ein alternder Bühnenschauspieler, der „seinen Zauber verloren“ hat - habe auch er Angst davor, ihm könnten die Ideen ausgehen. „Für gewöhnlich frage ich mich, wenn ich ein Buch abgeschlossen habe, gleich, was ich als nächstes tun werde und wo ich die nächste Idee herkriegen werde und eine leichte Panik setzt ein. Und schließlich passiert dann irgendetwas. Ich denke, ich arbeite so viel, weil es mir schwer fällt, ohne Buch zu sein, an dem ich arbeiten kann. Ich habe nicht dies oder jenes zu sagen oder möchte unbedingt diese Geschichte erzählen. Aber ich weiß, dass ich gerne mit dem Prozess des Schreibens befasst bin .“

Roths Pessimismus in Bezug auf die Zukunft des Romans ist keinem plötzlichen Gemütswandel geschuldet. Bereits im Jahr 2001 sagte er gegenüber Robert McCrum vom Observer: „Es gelingt mir nicht, ermutigende Anzeichen in der amerikanischen Kultur zu entdecken. Ich bezweifele, dass die schöne Literatur hier noch eine große Zukunft haben wird.“


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Übersetzung: Holger Hutt
Geschrieben von

Alison Flood, The Guardian | The Guardian

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