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Kultur : Die Pixel-Soldaten

"Call of Duty: Modern Warfare 2" ist da und es stellt sich die Frage: Warum müssen die Egoshooter immer stärkeres Geschütz auffahren?

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Washington steht in Flammen. Das Kapitol ist heiß umkämpft. Es sind solche Szenen in einer Werbung für ein Computerspiel, die in den USA Empörung hervorrufen: Darf man so etwas zeigen? Die Macher von Call of Duty: Modern Warfare 2 haben die Frage offensichtlich mit Ja beantwortet. Das Produkt kommt nächsten Monat in den Handel. Analysten erwarten, dass es einen den besten Verkaufsstarts aller Zeiten für ein Game hinlegen wird - am ersten Tag sollen demnach mehr als drei Millionen Exemplare in Umlauf gehen.

Der „Ruf zur Pflicht“ ertönt bereits das sechste Mal, allerdings findet der Spieler sich erst das zweite Mal im Szenario des modernen Krieges gegen den Terror wieder - irgendwo im Nahen Osten oder einer kriselnden Ex-Sowjetrepublik. In den anderen vier Teilen der erfolgreichen Reihe waren es die Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs, durch die man sich aus Sicht der Ich-Perspektive ballerte.

Wenn man es sich einfach machen will, ließen sich solche Titel unter dem Rubrum „Militärischer-Unterhaltungs-Komplex“ fassen. Wie früher Filme fungieren sie als Propagandatitel, die Kriegsbegeisterung hervorrufen und auch künftige Soldaten formen sollen. Hinsichtlich von Spielzeugen ist das kein neues Phänomen: Der Zinnsoldat von vorgestern besteht heute aus Pixeln.

Allerdings ist im digitalen Zeitalter tatsächlich eine Konvergenz zwischen Militär- und Spieletechnolgien festzustellen: Der junge Soldat von heute lenkt eine Drohne aus der Ferne mit ähnlichem Gerät, mit denen er an seiner heimischen Konsole rumhantiert. Letztlich befähigt aber auch ein Autoführerschein dazu, diverses Kriegsgerät an die Front zu fahren.

Weil es machbar ist

Mag es also sein, dass die digitalen Kriegsspiele mehr oder minder subtil eine Art Soldatentraining beinhalten. Von Propaganda kann aber kaum die Rede sein, denn Spiele wie Modern Warfare bringen deren Dekonstruktion gleich selbst mit.

Zwar wird in der Einzelspielerkampagne die letztlich immergleiche Heldenschmonzette über eine Gruppe von US-Soldaten erzählt. Doch ist es der Mehrspieler-Modus dieser Games, die ihren Erfolg bedingen - er bietet den wahren "Replay Value". Auf begrenzten virtuellen Schlachtfeldern können einige Dutzend Spieler per Internet vernetzt gegeneinander antreten. Auf zahllosen Duplikaten dieser Spielfelder messen sich täglich zehn - wenn nicht hundertausende Personen aus der ganzen Welt für einige Stunden.

Wie Fußballspieler (und -zuschauer) sich auch immer wieder den gleichen Regeln und Abläufen unterwerfen - aus Freude am Spiel -, werfen sich die Pixel-Soldaten immer wieder in die Schlacht. Ob ihr Team dabei "die Terroristen" spielen oder aber das Team als reguläre Armee auftritt, ist den meisten herzlich egal. Es geht um das Gewinnen - und dieser Anspruch ist für beide Seiten gleich legitim, egal ob die Spielfigur in einer Nato-Uniform steckt oder der Kopf von einem Palituch geschmückt wird.

Einmal angenommen, es handelt sich bei solchen Kriegsspielen um eine Art Sport. Warum müssen sich diese Egoshooter mit ihrem Arsenal von Waffen brüsten? Warum müssen die Spielfiguren immer "realistischer" in Fetzen fliegen? Woher kommt diese Lust am virtuellen Töten mit immer größeren und krasseren Waffen? Die einfachste Antwort darauf ist sicherlich: Weil es machbar ist. Weil die Technologie es immer detailreicher darstellen lässt. Weil der virtuelle Kopfschuss erst einmal keinem weh tut.

Sicher ist dieser Waffenfetischismus auch Ausdruck einer patriarchalen Kultur: Bei den Programmierern und Designern in den Spielestudios handelt es sich hauptsächlich um Männer, die in den Titeln ihre morbide und makabre Seite mit virtuellen Technologien ausleben können. Ihnen gegenüber steht ein ebenfalls mehrheitlich männliches Publikum, dass bereit ist, solche Spielplätze für ihre Omnipotenzphantasien zu bezahlen.

Dass sich dann das Bildungsbürgertum über "Killerspiele" aufregt, obwohl seine herkömmliche Medien ebenfalls nur zu oft von Räubern und Gendarmen, von Mord und Totschlag erzählen – Stichwort Tatort – ist die eine Seite der Bigotterie. Die andere ist aber das Schweigen über die mörderische Waffenindustrie hierzulande, die sich an Handfeuerwaffen und Personenminen dumm und dämlich verdient.

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