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Ach, wenn es doch nur wirklich lustig war: In der Komödie "Friendship" reisen zwei DDR-Jungs nach dem Mauerfall durch Amerika. In San Francisco wartet die Stasi

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Der Abspann hat im deutschen Kino ein Eigenleben entwickelt. Darunter fallen die als Outtakes bezeichneten, verunglückten Szenen, die bei jedem Bully-Film am Ende den Spaß der Dreharbeiten widerspiegeln sollen und es zur Fernsehrubrik gebracht haben. Bei der Verfilmung von Geschichten, die auf wahren Gegebenheiten basieren, ist der Abspann dagegen zum Schaufenster in die Wirklichkeit geworden. In dem Film Unter Bauern (2009) mit Veronica Ferres, der von einer jüdischen Familie erzählt, die auf dem Land versteckt die Nazi-Zeit überlebt, werden am Ende Aufnahmen eingefügt, die die realen Protagonistinnen in hohem Alter bei den Dreharbeiten zeigen. In dem Til-Schweiger-Vehikel Phantomschmerz (2009), der von einem beinamputierten Radsport-Aficionado handelt, zeigt der Abspann Bilder, die Schweigers Rollenvorbild bei der prothesenbewehrten Bezwingung des Mont Ventoux zeigen.

In Friendship, einer Komödie über zwei DDR-Jugendliche, die nach dem Mauerfall nach Amerika fahren, um die Golden-Gate-Bridge als westlichsten Punkt der westlichen Welt zu sehen, bezeugen am Ende Schwarzweißfotos, dass die Verrücktheit der Idee, die der Film betont, nicht der Fantasie eines Drehbuchautors entsprungen ist. Das Echtheitszertifikat, das der Abspann den zuvor erzählten Kinofilmen ausstellen, entpuppt sich allerdings als falscher Wechsel: Die harmlos-touristischen Fotos stehen in keinem Verhältnis zu der politischen Brisanz, ohne die Friendship (Regie: Markus Goller, Buch: Oliver Ziegenbalg, nach der Geschichte von Tom Zickler) glaubt, seine abenteuerliche Geschichte nicht entfallen zu können.

So muss der Ich-Erzähler Tom (Matthias Schweighöfer) im Prolog, der sein Leben und die DDR bis zur Ankunft in Amerika zusammenfasst, mit seiner Widerständigkeit prahlen, was nicht nur ob des Schüleralters lässlich ist. Für das, was der Film eigentlich erzählen will – die Erfahrung von Fremdheit und Freundschaft –, braucht es kein Dissidententum. Im Gegenteil: Der Witz, mit dem sich die Komödie Friendship mitunter schwer tut, wäre womöglich schlagender, wenn die beiden Freunde Tom und Veit (Friedrich Mücke) auf eine selbstbewusst-lässigere Weise mit der DDR als Sozialisationsort verbunden wären. Aber das hat bislang nur Leander Haußmanns Sonnenallee (1999) begriffen.

Friendship ist ein Roadmovie, das sich schnell mit werbespothaften Wohlfühlszenen zufrieden gibt, in denen zwei Jungen jauchzend über leere Straßen in Richtung des unendlich fern scheinenden Horizonts düsen. Nebenher erzählt das Durchschlagen bis zum Sehnsuchtsort San Francisco (an dem sich eine unausgegorene Vatersuche in eine merkwürdiges Stasi-Schauspiel verwandelt) im Schnelldurchlauf die Geschichte der Ökonomisierung, wie sie in der DDR nach ihrem Ende geschrieben wurde.

Es konkurrieren in der Filmerzählung eine Ost- und eine West-Geschichte. Die Ost-Geschichte ist die Fremdheitserfahrung, die sentimental wird, wo Tom feststellen muss, dass die Amerikaner sich ­lieber über krasse Propaganda-Bilder amüsieren, statt die selbstgedrehten Expressionismus-Schocker zu goutieren. Die West-Geschichte ist die Freundschaftstrübung, die aus dem Kampf um die Finanzierung des täglichen Lebens entsteht, wozu auch die Gunst von Frauen beiträgt.

Indem der Zuschauer beiden wünscht, eine Geschäftsidee zu finden (Betteln, Mauersteinverkauf, Strippen), die sich als erfolgreich erweist, verflucht er zugleich einen Traum von Amerika, den es so nur in der DDR gegeben haben kann.

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