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Im neuen Film "Somewhere" von Sofia Coppola ist ein Filmstar nur zu Gast in seinem Leben. Letztlich geht es, in einem tröstlichen Sinne, um die Banalität des Alltags

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In der ersten Szene von Somewhere fährt ein Ferrari im Rundkurs. Man hört diesen Rundkurs nur dank der nahenden und sich wieder entfernen Geräusche, die ein Rennwagen macht, wenn er losgelassen wird. Die Kamera ist unbeweglich auf einen Ausschnitt der Strecke gerichtet. In der letzten Szene bleibt der Ferrari stehen und sein Fahrer geht zu Fuß weiter – dem Horizont entgegen, wie weiland die Cowboys im Western.

Der Fahrer ist Johnny Marco (Stephen Dorff), ein Schauspieler von gewisser Prominenz, wie vor allem ein Ausflug nach Mailand zeigt, der in Kontrast zur Zurückhaltung des restlichen Szenen steht: Fans säumen den Weg des Stars vom Flughafen zum Luxushotel, den Marco in dunkler Limousine und staatskarossenhaftem Tross zurücklegt. Und die unbewegliche Kamera (Harris Savides) ist das Geheimnis dieses schönen, kleinen, stoisch-ironischen Films von Sofia Coppola: Somewhere macht wenig Aufhebens um seine Geschichte, der Film erzählt weniger eine Handlung als vielmehr das, was alles nicht passiert in dem Leben des Filmstars, der vermutlich in einer tiefen Krise steckt. Das Drama, das Somewhere sein könnte, lauert in den Ecken, für die sich die Kamera nicht interessiert.

Das Hotel, in diesem Fall das lässig-legendäre Chateau Marmont am Sunset Boulevard, wurde bei Sofia Coppola schon in Lost in Translation (2003) zum Zwischenraum einer menschlichen Befremdung. Und genau genommen herrscht dieser eigenartige Schwebezustand zwischen Ankunft und Abreise, zwischen Zuhause und Fremde in all ihren Filmen – Coppolas Debüt The Virgin Suicides (1999) erzählte weniger die konkrete Geschichte einer amerkanischen Familie und fünf Schwestern als das universelle Gefühl einer Adoleszenz, in der das Träumen und das Entdecken der Liebe nicht kongruent sind.

In dieser Folge bleibt Somewhere auf eine angenehme Weise unkonkret. All die Geschichten über von ihrem Ego besoffene Stars, denen gerade Erfolg fehlt, ignoriert dieser Film. Und die kathartischen Momente, die aus einer Wiederbegegnung von vernachlässigter Tochter (Elle Fanning) und schlechtem Vater entstehen könnten, auch (vielleicht abgesehen von dem vor diesem Hintergrund von einem Hauch Kitsch umwehten Schluss).

Lakonisch schneidet Somewhere den Ennui zusammen, aus dem Marcos Leben besteht – wenn frontal die beiden Pole-Tänzerinnen-Zwillinge solange fokussiert werden, bis die skurrilen Outfits und in der Enge des Hotelzimmers um Perfektion und Attraktion bemühten Bewegungen ihren Dienstleistungscharakter entbehren (inklusive des Zusammenpackens). Von heiterer Frivolität sind wiederum Szenen, in denen die Nachbarin nur klingelt, um tatsächlich umstandslos zum Beischlaf zu bitten. Derart hält Sofia Coppola eine beeindruckende Balance: Natürlich ist Somewhere genau so, wie man sich den Film nach einer kurzen Beschreibung vorstellt. Und dennoch schaut man sich ihn gerne an, weil eben das Gefühl stärker ist als die Worte, die es zu beschreiben zu versuchen. Dass hier ein Filmstar nur Gast des Lebens ist, das er lebt, und dieses Modell für die wenigsten Zuschauer zur Identifikation taugen kann, fällt nicht ins Gewicht. Denn letztlich geht es, in einem tröstlichen Sinne, um die Banalität eines Alltags, die man auch außerhalb von Luxushotel-Suiten verstehen kann. Aber nirgendwo ist diese Banalität schöner als in Somewhere.

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