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Hegemonie oder Untergang – Die letzte Krise des Westens?

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Rainer Mausfeld

kartoniert

216 Seiten

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Kultur : Eine umwegige Affäre

Von der Unmöglichkeit, die Moral der Liebe in die Welt des Geldes zu injizieren: Christoph Hochhäuslers „Unter dir die Stadt“

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Als Binsenweisheit über die Finanzkrise 2008ff muss mittlerweile der Stehparty-Satz gelten, sie sei das Produkt einer „fiktiv“ gewordenen Ökonomie, die nur noch lose auf wirtschaftliche Tatsachen referiere und keine Basis in der guten alten „Realwirtschaft“ mehr habe. Auch wenn sich dagegen einwenden lässt, dass die Vorstellung einer „wirklichen Wirtschaft“ ihrerseits gar nicht so fiktionsfrei ist, bleibt aus Sicht der Kunst zumindest die Frage zurück, welche Geschichten über die heutige Finanzwelt überhaupt erzählt werden können, wenn dort schon lange Fiktionsprofis und -profiteure das Sagen haben.

Die Welt als Spiel- und Verfügungsmasse

Christoph Hochhäuslers Unter dir die Stadt (Drehbuch gemeinsam mit dem Schriftsteller Ulrich Peltzer) spielt in der Frankfurter Zweigstelle dieses fiktionserprobten Globalmilieus und ist zunächst ein Architekturfilm über die intransparenten Glaspaläste von „Mainhatten“: Die im spiegelverglasten Innen sieht man nicht. Es geht um Räume und Fassaden der Selbstrepräsentation, um die Abgrenzung einer Parallelgesellschaft zu einem sozialen Außen, das, betrachtet durch die Fensterflächen der oberen Etagen eines Bankentowers, klein und abstrakt wirkt. Ganz buchstäblich wird hier ins Bild gesetzt, wie sich eine Branche abschottet, der die Welt zur Spiel- und Verfügungsmasse geworden ist.

Da sitzen sie also nun in ihrem panoptischen Aquarium, die wichtigen Player der Branche, und handeln bei gehobenem Weißwein, aber ohne Sinn für Genuss, ihre Deals aus. Einer davon ist Roland Cordes (Robert Hunger-Bühler), Alphatier-Manager einer Investmentbank, schneidiger Typ, kalter Blick, aber auch seltsam unerlöst. Auf einer Vernissage lernt er eine sehr viel jüngere Frau kennen, eine Drifterin namens Svenja (Nicolette Krebitz), von der er erst nach wechselseitigen Gesten der Verführung erfährt, dass sie die unterbeschäftigte Ehefrau eines seiner Angestellten ist. Daraus entsteht eine umwegige Affäre, die dem betrogenen Dritten, einem anämischen Halbkarrieristen (Mark Waschke), unvermittelte Beförderungen einträgt.

Knisterfreie love streams

Unter dir die Stadt ist ein Film, dessen Fiktion darauf basiert, zwei Kreisläufe miteinander zu verschalten: den der Ökonomie und den der Libido. Geld und/oder Liebe – das ist hier weniger die Frage einer gelingenden Integration, als das Faktum einer unmöglichen Verbindung. Anders als zuletzt in Wall Street 2: Money Never Sleeps werden die beiden Systeme nicht versöhnlich aufeinander abgebildet – auch die Moral der Liebe kann keine andere Vernunft in die Welt des Geldes injizieren. In Stones Familiendrama ist es eine lächerlich rührselige Vater-Tochter-Geschichte, die dem ökonomischen Expansionswillen, der Gier, ad hoc Grenzen setzt. Unter dir die Stadt verzichtet auf derartige Einhegungen, verlässt sich dafür aber phasenweise doch sehr darauf, dass die klinisch-knisterfreien love streams zwischen Hunger-Bühler und Krebitz den Film tragen.

Die Macht der Banken und ihrer Akteure, hat Christoph Hochhäusler gesagt, habe er sich immer als auf einer bestimmten Fähigkeit zur Abstraktion gegründete vorgestellt. In seinen guten Momenten übersetzt sein Film diese Einsicht in ästhetisch präzise ausgestanzte „Gegen-Abstraktionen“. Sezierte Gesten, präparierte Redeweisen, vorgeführte Arten, einen Raum zu beherrschen zielen dann auf den überpersönlichen Habitus einer Finanzwelt, in der gelingendes Leben trotz Hausmusik und Sterneküche nur als „Triple A“-Lebenslauf wahrnehmbar ist.

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