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Kultur : In der Tat

Die ARD wiederholt - wir schließen uns bei der Kritik an: Das Münsteraner Duo ist in "Herrenabend" einer politischen Intrige auf der Spur, die sentimental versuppt

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Das war wohl nix: Wenn diese Sonntagabendkrimidiskussionsgrundlage "dereinst" (Thomas Mann) wegen Anglizismenüberschusses, Hypermanierismus' oder auch nur Zwangsgutdraufseins geschlossen werden sollte und wir uns ein neues Tätigkeitsfeld suchen müssten – Prophetie fällt schon mal flach. Hatten wir uns letzte Woche zu der Erwartung hinreißen lassen, der Boerne-Professor (Jan Josef Liefers) würde auf den subtilen Diss des Stuttgarter Gerichtsmediziners ("pausenlose Schwadronate") Bezug nehmen, so hat uns die Tatort-Koordination auf den Holzweg geführt. Zwar folgt Münster direkt auf Stuttgart, aber der nahe liegende Konter findet allein in unserer Fantasie statt.

Stimmig ist das, insofern in Stuttgart Sommer war und in Münster Winter herrscht (welchem geheimen System folgend die Jahreszeiten von Tatort-Dreh und Tatort-Ausstrahlung korrelieren, müsste auch noch einmal herausgefunden werden). Gilt, um zu Potte zu kommen, leider auch für die Qualität von Herrenabend. Wobei Winter wohl ein wenig drüber wäre; auf der Season-Skala müsste man auf eine Zwischenjahreszeit wie Herbst entscheiden. Den Raum in Münster macht – wie immer und von vielen Seiten durchaus geschätzt – eng, dass alles mit allem zusammenhängt.

Die lokalen Granden treffen sich beim Geburtstag des so genannten Kartoffelkaisers Hans Lüdinghaus (der große Michael Wittenborn). Dort geht es ungezwungen zu, hohe Toupet- oder auch nur Toupet-look-a-like-Dichte, Boerne fehlt unentschuldigt (wir kriegen uns auch wieder ein, aber: der Gerichtsmedizinerkongress mit dem Stuttgarter Kollegen wäre eine 1a-Erklärung dafür gewesen!). Boerne stellt in Münster ja immer die Verbindung zur naturgemäß korrupten High-Society dar. Vertreten wird er diesmal von der rauchigen Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann). Die will, nach unbekanntem Toten und Thiels Ermittlungen, zuerst nichts auf ihren Kartoffelkaiser kommen lassen, schwenkt dann aber martialisch und irgendwie persönlich getroffen um ("Nehmt ihn auseinander"). Die Unabhängigkeit der Justiz, liebe Kinder, haben wir uns auch mal anders vorgestellt.

Steuerprüferin als Sekretärin-Sexualfantasie

Die Geschichte (Buch: Magnus Vattrodt), die ausgehend vom toten Geschäftspartner des Lokaltycoonkartoffelkaisers entrollt wird, kann nicht recht für sich einnehmen – was auch daran liegen mag, wie sie entrollt wird (Regie: Matthias Tiefenbacher). Am Anfang kann man in der Trunkenheit zwischen den einzelnen Toupets kaum differenzieren, und dann ist dieser tote Berger auch nur Verbindungsmann zum verschwundenen, doch nicht toten Staatssekretärspolitiker (Stephan Schad). Dessen versuchte Rückeroberung der Familie führt auf ein Feld des Sentimentalösen – alkoholisch verwitterte Witwe, trotzig-melancholisches Kind –, das wir nicht hätten beschreiten wollen. Zumal in Münster, wo's ja immer zackig, komisch und haudrauf zugeht: Thiels Vater düst mit seinem Privathilfstransport nach Bulgarien, um da am Ende auch noch Beweise für die Korruption des Kartoffelkaisers zu skypen; Thiel imaginiert sich die Boerne-Steuerprüferin Leonie Krassnik (Ulrike Tscharre) als Sekretärin-Sexualfantasie – und dann soll man dem, wenn auch gut gespielten Drama einer Tochter zuschauen, die vorm Niedergang ihre Mutter flüchten will?

So raubt der Münsteraner Inzest, dieses süffige Alles-mit-Allem Herrenabend die Brisanz, die der Stoff gehabt hätte. Die politische Intrige ist nur Vorwand das übliche Kumpelgetue – dass der Staatssekretärsschwiegervater Dr. Herbert (Lambert Hamel) am Ende seine dreckigen Finger mit im Spiel hat, entwirft einen für Münster typisch zwiespältigen Charakter: knallharter Schwiegersohnkiller auf der einen, luschiger Witwentochterbemutterer auf der anderen Seite. Mag sein, dass es das gibt, aber.

So macht's der Lokaltycoon: Schickes Headquarter hinbauen, Büro aber vom Raucherraum der Lieblingsgaststätte aus betreiben

Gibt es einen Kontext, in dem dieser Satz keine Lüge ist: "Ich bin ein herzensguter Kapitalist, das weißt Du doch."

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