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Kultur : Der neue Woody-Allen-Film®

Gil Pender reist mit seiner Verlobten nach Paris – und findet den Weg zurück ins Klischee-Paris der zwanziger Jahre. "Midnight in Paris" ist vor allem Tourismusmarketing

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Woody Allens Filmschaffen funktioniert mittlerweile als Franchise-Unternehmen seiner selbst. Er hat auf seinen Autorenfilmmeriten ein Geschäftsmodell von der Art der Guggenheim-Filialisierung oder des Formel-1-Exports errichtet. Der Woody-Allen-Film ist zu einem Produkt geworden, das aufgrund seiner konsequenten Corporate Identity (die immer gleiche Typografie in Vor- und Abspann, Jazz als Filmmusik, stete Aktualisierung der Besetzungslisten durch jeweils angesagte Schauspielerstars) leicht wiedererkennbar ist und dessen verlässliche Periodizität (jedes Jahr ein neuer Film) geschickt zwischen Angebotsverknappung und Nachfragebefriedigung balanciert.

Solche values machen Allen attraktiv für den europäischen Markt, auf dem er nun die Ehrenrunden seiner im Grunde sympathischen Popularität dreht. Seit Match Point (2005) hat Allen nur einmal wieder in New York gedreht (Whatever works, 2009), und auch wenn sich unter seinen „europäischen“ Filmen ästhetisch reizvolle Arbeiten finden lassen, geht der Schluss nicht fehl, es handele sich dabei vor allem um Tourismusmarketing.

Das erste französische Abenteuer in der Geschäftsbilanz trägt den Titel Midnight in Paris und wird vom französischen Stolz durch einen Auftritt der Präsidentengattin Carla Bruni als Fremdenführerin im Musée Rodin subventioniert. Leider führt diese Szene vor allem vor, dass aus dem Siegeszug der ästhetischen Chirurgie für das Filmwesen eine Herausforderung erwächst, weil über kurz oder lang eine Alternative zur Mimik als nicht unbeträchtlichem Teil der schauspielerischen Ausdrucksmöglichkeiten hermuss.

Nostalgieaustreibung durch Dauernostalgie

Die Geschichte von Midnight in Paris ist ein wenig fantastisch: Der zweifelnde Drehbuchautor und Prosadebütant Gil Pender (Owen Wilson) reist mit seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams) und deren Eltern nach Paris, muss sich dort mit dem reaktionären Vater (Kurt Fuller) und dem dauerklugscheißenden Freund Paul (die einzig wirklich komische Figur: Michael Sheen) herumplagen und findet nach Versailles-Besichtigung und Drinks auf der Panorama-Terrasse mit Eiffel-Turm-Blick den Weg zurück in eine Zeit, die Paris für ihn vor allem ist: die zwanziger Jahre, in denen seine Vorbilder Hemingway, Scott F. Fitzgerald und Gertrude Stein hier lebten.

Dieser Trick macht die Besetzung mit Rachel McAdams selbstironisch – die Schauspielerin verfügt durch die Titel gebende Rolle in der Bestseller-Verfilmung Die Frau des Zeitreisenden (2009) über Erfahrung in diesem Rollenfach – und produziert mitunter interessante Effekte: Wenn Gil mit dem Picasso-Model Adriana (Marion Cotillard, die Edith Piaf aus La vie en rose, 2007) in die 1890er Jahre zurückreist, eine Reise, die in Adriana wiederum nostalgische Gefühle weckt, dann scheint darin eine hübsche Nostalgieaustreibung durch Dauernostalgie auf.

Daran ist der neue Woody-Allen-Film, in dem ein voraussetzungsloser Wohlstand herrscht wie in den Fernsehfilmen, mit denen sich hierzulande die Degeto einen Namen gemacht hat, aber nicht interessiert. Vergangenheit erzählt Midnight in Paris vor allem als Bewunderungsgeschichte von großen Namen, was insofern ein schöner Zirkelschluss ist, als dass mit dem putzigen Reenactment dieses Cole-Porter-Toulouse-Lautrec-Josephine-Baker-Namedroppings genau das Klischee-Paris reinszeniert wird, das Allens touristischen Blick bedingt: „Dieses Land hat einfach was, ich sollte dem Fremdenverkehrsverein ein Lob schicken.“

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