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Kultur : Der Gast als Problem der Talkshow

Darf man Menschen, die man zu sich ins Studio einlädt, in der Sendung scharf kritisieren und mit ihren Fehlern bloßstellen? "Roche & Böhmermann" diskutieren darüber

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Auch in der zweiten Ausgabe der neuen Talkshow Roche Böhmermann (Zdf.kultur) am vergangenen Sonntag diskutierten am Ende, als die Gäste das Studio schon verlassen hatten, die beiden Gastgeber darüber, ob man einem Gast zu kritisch oder halt zu unkritisch begegnet sei. In der ersten Sendung, eine Woche zuvor, war Jan Böhmermann den Gast Britt Hagedorn wegen ihrer Sat.1-Sendungen hart angegangen, hatte ihr vorgeworfen, geistig eher verwirrte Menschen in Britt – der Talk um Eins vorzuführen. Charlotte Roche empfand das, so sagte sie es in der öffentlichen Nachbesprechung, als unangenehm. In der zweiten Sendung wiederum dünkte es Böhmermann, als hätten sie Afschin Fatemi zu sehr geschont; sie stünden doch der von ihrem Gast betriebenen Schönheitschirurgie kritisch gegenüber.

Auch wenn diese Nachbesprechungen spielerische Züge tragen, treffen sie den zentralen Punkt einer Gesprächssendung im Fernsehen. Darf man Menschen, die man zu sich ins Studio einlädt, in der Sendung scharf kritisieren, sie mit ihren Fehlern bloßstellen?

Tatsächlich gerät jeder Talkmaster, selbst wenn er mit der Auswahl der Gäste nur am Rande zu tun hat, in die Rolle eines Gastgebers. Und dem ist nach atavistischem Recht der Schutz des Gastes selbst dann anempfohlen, wenn er ihn als seinen Feind betrachtet. In frühen Fernsehzeiten versuchte man diesem Dilemma dadurch zu entkommen, indem man die Konfrontation schon im Titel thematisierte. Wer sich dem Kreuzfeuer von Claus Hinrich Casdorff und Rudolf Rohlinger im WDR-Magazin Monitor (ab 1966) stellte, wusste, was ihn erwartete. Ebenso wer auf dem Heißen Stuhl (RTL) Platz nahm. Und wer zu Vorsicht! Friedman (Hessischer Rundfunk) ging, ahnte, dass ihn Gastgeber Michel Friedman nicht schonte.

Selbstkritsche Moderatoren

Aber für die meisten Talkshows gilt das Gegenteil. In ihnen – von 3nach9 über das Riverboat bis zu allen Ver­anstaltungen des neuen Wetten, dass..?-Moderators Markus Lanz (ZDF) – gilt das Prinzip eines freundlichen Desinteresses. Man hört einander zwar geduldig zu, hört aber selbst über den größten Unsinn großzügig hinweg (Ausnahmen wie die letzte 3nach9-Sendung, in der Giovanni di Lorenzo seine Abneigung gegen einen der Gäste nur unzureichend kaschieren konnte, bestätigen die Regel). Dass sich selten mehr als reines Ab­fragen ereignet, ist die absolute Ausnahme. Roche Böhmermann will anders sein. Das beschränkt sich nicht nur auf ein Retro-Design mit Whiskey als Gastgetränk und einer uneingeschränkten Raucherlaubnis, sondern bezieht sich auch auf den Umgang mit den fünf Gästen, die bislang je Sendung eingeladen waren. In den Einspielfilmen, in denen jeder Gast charakterisiert wird, kommt die Sendung schnell zur Sache. Da werden in der Form einer kommentierten Diashow Eitelkeiten ebenso aufgespießt wie Sünden der Vergangenheit, zugleich die Leistungen bilanziert. Das ist im Tonfall frech und lässt die Gäste schon schlucken. In der zweiten Ausgabe spürte man bei ihnen eine gewisse Nervosität in dem Augenblick, als das sie betreffende Stück eingespielt wurde. Aber alle fingen sich rasch.

In den besten Momenten entstand so tatsächlich etwas wie ein Kneipengespräch, bei dem zusammengewürfelte Menschen einander zuhören, miteinander streiten, witzeln. Aus dieser Perspektive lässt sich die Frage, die sich Charlotte Roche und Jan Böhmermann selbstkritisch stellten, schnell beantworten: Man darf halt nur Menschen einladen, die man nicht vorführen will und auf die man aus mehr als einem Grund neugierig ist. Und dumme Sätze muss man natürlich kritisieren.

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