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Politik : Europa verordnet Menschlichkeit

Die EU-Kommission will die gerechtere Verteilung und humanere Behandlung von Flüchtlingen regeln. Ein Asylbüro soll die Zusammenarbeit zwischen den Ländern koordinieren

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Selten genug gibt es gute Nachrichten für Asylsuchende. Vergangene Woche gab es gleich zwei davon. Die erste Botschaft kam in Form eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs: Dieser entschied, dass Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen und Opfer „willkürlicher Gewalt“ Asylschutz erhalten sollen. Das ist ein Novum, denn wer bislang in Deutschland Asyl beantragt hat, war genötigt nachzuweisen, dass er persönlich gezielt verfolgt wurde. Mit dem richtungsweisenden Urteil haben künftig Bürgerkriegsflüchtlinge ebenfalls ein Recht auf Asyl.

Die zweite gute Nachricht: EU-Kommissar Jacques Barrot möchte, dass Asylanträge von den Staaten großzügiger anerkannt werden. Vorbild soll Schweden sein, das eine hohe Anerkennungsrate besitzt. Die EU strebt eine Vereinheitlichung der Asylpolitik an. In diesem Sinne gab es bereits im Dezember einen Vorstoß der Europäischen Kommission, Asylsuchende „humaner und fairer“ zu behandeln. Der für Flüchtlingsfragen zuständige EU-Kommissar Barrot möchte die sehr unterschiedlichen Anerkennungsquoten in den Ländern harmonisieren. So werden zum Beispiel in Österreich 85 Prozent der tschetschenischen Asylbewerber aufgenommen, in Deutschland nur 14 Prozent. Ein Asylbüro soll eingerichtet werden, das die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten koordiniert. Es könnte bereits 2010 die Arbeit aufnehmen, hätte aber nur koordinierende und beratende Funktionen.

Abschottung an den Außengrenzen

Die EU treibt auch in der Asylfrage wieder Deutschland vor sich her. Wir kennen das bereits bei Menschenrechtsfragen – genannt sei nur das Antidiskriminierungsgesetz, das ohne Drängen aus Brüssel niemals durchgesetzt worden wäre. Die rigide Anerkennungspraxis in Deutschland wird so indirekt gerüffelt. Der deutlich humanere Kurs, den Jacques Barrot hier im Umgang mit Flüchtlingen anmahnt, ist zu begrüßen. Doch er ist zu einem hohen Preis erkauft. Die seit vielen Jahren betriebene Praxis der Abschottung Europas führt in Deutschland längst zu lächerlich niedrigen Zahlen von Asylanträgen. Die von Bürgerkrieg Gebeutelten gelangen einfach nicht mehr zu uns, sondern sterben massenhaft an den europäischen Außengrenzen. Die europäische Grenzpolizei Frontex wacht mit Argusaugen darüber, dass niemand illegal nach Europa flüchtet. Die neue Milde gilt eben nur für ein paar wenige, die es doch irgendwie schaffen.

Die deutschen Behörden reagieren seit jeher empfindlich auf alles, was ihnen in Asylfragen die nationale Entscheidungshoheit abspenstig machen könnte. Deshalb äußern sich die Innenministerien nun auch erwartungsgemäß verschnupft auf Barrots Vorstoß. Man will nicht umsonst auf EU-Ebene die eine oder andere Regelung durchgesetzt haben. So geht zum Beispiel die sogenannte Drittstaatenregelung auf eine deutsche Idee zurück. Laut ihr können Flüchtlinge in jenes europäische Land zurückgeschickt werden, in das sie zuerst einreisten. Da Deutschland mittendrin liegt, hat es damit einen geographischen Vorteil. Wäre Deutschland nun im Sinne einer gerechteren Verteilung verpflichtet, Flüchtlinge etwa aus Lampedusa aufzunehmen, wäre die mühsam erstrittene Regelung hinfällig. Auch die vom EU-Kommissar geforderten Lockerungen der Aufenthaltsbestimmung sieht man in Deutschland skeptisch und befürchtet einen „Anreiz für illegale Einwanderung“. Ein EU-Asylbüro einzurichten, das die gerechte Verteilung und humanere Behandlung von Flüchtlingen regelt, ist eine gute Idee, aber es muss auch mit den notwendige Kompetenzen ausgestattet sein. So wie es derzeit geplant ist, haben die künftigen Beamten in Brüssel keine Entscheidungsbefugnisse. Dann wäre es nicht mehr als ein Papiertiger.

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