Unterwegs im Augiasstall

USA Die Bankenlobby will sich vom Weißen Haus nicht ins ­Geschirr nehmen lassen und wehrt sich gegen Obamas "White Paper". Auch die ­Republikaner setzen auf ­Widerstand

Sage mir, wer dich kritisiert, und ich sage dir, was du richtig gemacht hast. Wie kaum anders zu erwarten, stoßen Barack Obamas Pläne für mehr Regulierung der Finanzmärkte sowohl bei deren Akteuren selbst als auch der politischen Konkurrenz auf harsche Ablehnung. Der Kampf gegen das, was Horst Köhler einmal das „Monster der Finanzmärkte“ nannte, wird für Obama zur Herkulesaufgabe. Noch vor wenigen Monaten stand das internationale Bankensystem kurz vor der Kernschmelze. Billionen Dollar wurden weltweit zur Rettung von Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften eingesetzt – wie hoch der Schaden für den Steuerzahler sein kann, wenn eines Tages die Endabrechnung präsentiert wird, ist nicht im Geringsten abzusehen.

Mit welchen Argumenten demnächst gegen Obamas White Paper zu rechnen ist, hat bereits John Boehner, Fraktionsvorsitzender der Republikaner im Repräsentantenhaus, anklingen lassen, der gegenüber ABC meinte, dass er „eine Einmischung des Staates in die Finanzindustrie als einen allzu großen Druck auf eine Branche [sehe], die so schon Probleme“ habe. Wäre zu fragen, wann eigentlich der richtige Zeitpunkt ist, um die Regeln zu verabschieden, die helfen sollen, das Finanzsystem vor sich selbst zu retten.


Das Zeitfenster für eine Neuordnung der Finanzmärkte könnte schneller zuschlagen, als der Gesetzgebung lieb sein kann. Da ein großer Teil von Obamas Plänen noch vom US-Kongress bestätigt werden muss, kann es bis 2010 dauern, ehe die beabsichtigte Regulierung greift. Was vom Programm des Präsidenten am Ende bleibt, ist offen. Die Wall Street hat ihre Lobbyisten auf dem Capitol Hill in Stellung gebracht – immerhin sind aus dieser Richtung während des zurückliegenden Jahrzehnts laut Auskunft der Consumer Education Foundation fünf Milliarden Dollar ins politische Lobbying geflossen. Über 3.000 Lobbyisten kümmern sich in Washington darum, dass die Interessen von Banken und Investmenthäusern gehört werden. Im Kreuzfeuer der Kritik steht Obamas Idee, Kundeninteressen zu stärken, indem Anbieter von Finanzprodukten gezwungen werden, Transparenz walten zu lassen. Die Zeiten, in denen Wertpapiere angeboten werden konnten, bei denen sich die Banken mit kleingedruckten und unverständlichen Anhängen gegen jeden Anspruch auf Schadensersatz absichern, sollen vorbei sein. Kaum überraschend kündigt die American Bankers Association (ABA) bereits an, die Reformen zu bekämpfen, weil die viel zu ambitioniert seien.

Ähnlich dürfte der Widerstand gegen die Vorschriften für die Absicherung von Wertpapieren durch Eigenkapital ausfallen. Ein wesentlicher Grund für die Turbulenzen an den Finanzmärkten ist der hohe Fremdkapitalhebel. Müssen Finanz-investitionen jedoch mit mehr eigenem Kapital unterlegt werden, sinkt die Wahrscheinlichkeit von Kreditausfällen, die erneut ein ganzes Bankensystem erschüttern. Eine schärfere Eigenkapitalrichtlinie, sagen die Kritiker, schade dem Finanzstandort USA. Das Argumentationsraster: Wer sich auf eine solche Regulierung versteife, der belaste besonders die arbeitenden Amerikaner, denn die würden künftig auf günstige Kredite der Banken verzichten müssen.

Auch die Aufwertung der Fed wird mit viel Unwillen registriert. Die habe schließlich durch ihre expansive Geldpolitik mit dafür gesorgt, dass eine Finanzkrise dieses Kalibers ausbrechen konnte. Ihr nun die Kontrolle über das gesamte System zu übertragen – da werde doch der Bock zum Gärtner erklärt.

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