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Politik : Gefesselt an Händen und Füßen

Der Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle muss neu aufgerollt werden. Ein Beamter muss sich erneut vor Gericht verantworten

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Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) für eine Revision im Fall Oury Jalloh lässt Hoffnung in die deutsche Rechtsprechung aufkommen. Die Karlsruher Richter sehen zahlreiche Lücken in der Beweisführung des Landgerichts Dessau-Roßlau vom Dezember 2008. Damals war der Gruppenleiter Andreas S. freigesprochen worden, der am Abend des 7. Januar 2005 Dienst hatte, als der 23-jährige auf einer Liege festgebundene Jalloh verbrannte. Der Polizist S. hatte das Alarmsignal des Rauchmelders mehrfach abgestellt, bevor er zur Zelle ging.

Nach bisheriger Darstellung soll der an Händen und Füßen auf einer Liege fixierte Jalloh mit einem Feuerzeug die Pritsche in der Ausnüchterungszelle selbst in Brand gesetzt haben. Da das Außenmaterial der Liege nicht brennbar war, musste er den Schaumstoff im Innern anzünden. Dieser Sachverhalt sei nur schwer nachvollziehbar, sagte die Vorsitzende des 4. Strafsenats, Ingeborg Tepperwien. Es könnte sein, dass der Rauchmelder bereits früher angeschlagen hat als im Prozess angenommen. Dann wäre mehr Zeit gewesen, Jalloh zu retten. Außerdem könnte es sein, dass auch Schmerzensschreie zu hören gewesen seien. Und zuletzt könnte der Umstand, dass der diensthabende Beamte den Rauchalarm zunächst als Fehlalarm gedeutet hat, als Pflichtverstoß stärker gewichtet werden.

Vorwurf des institutionellen Rassismus

Vor dem Dessauer Landgericht hatte es zudem zahlreiche widersprüchliche Aussagen von verschiedenen Beamten gegeben, außerdem offensichtliche Versuche, den Hergang zu verschleiern sowie verschwundene Beweismittel. Am Ende scheiterte der Vorsitzende Richter am Schweigen der Beamten und urteilte nach 58 Verhandlungstagen mit Freispruch mangels Beweisen. Der Verdacht, dass die Beamten nachlässig handelten, weil der Betroffene ein Flüchtling aus Afrika war, blieb bis zuletzt an ihnen hängen. Menschenrechtsorganisationen sprachen von institutionellem Rassismus.

Die nie geklärten genauen Umstände des Feuertods soll nun das Landgericht Magdeburg erneut untersuchen. Es wird der Frage nachgehen, ob sich der Beamte Andreas S. doch der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen strafbar gemacht hat. Wenn auch die Entscheidung des BGH auf Revision zu begrüßen ist – sie kommt spät. Es wird sich zeigen, ob ein neu aufgerolltes Verfahrens fünf Jahre nach dem tödlichen Feuer bisher unbekannte Beweise oder neues Licht in den Fall bringt. Warum hierzulande wie in anderen europäischen Ländern in solchen Fällen nicht zeitnah eine unabhängige Kommission eingesetzt wird, die die Umstände untersucht, bleibt ein Geheimnis.

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